Die vielen Impfgegner/Covidioten sind jetzt nicht soooo überraschend

Viele Leute sind überrascht, dass man jetzt durch die Pandemie merkt, wie viele Leute zu doof sind, einzusehen, dass sie sich impfen lassen sollten, oder sonst irgendwie rumschwurbeln.

Über Jahrzehnte haben wir ihnen jedoch beigebracht, dass es ok ist, an Bullshit wie Astrologie, Homöopathie, Gott, Tarot, Akupunktur, Kreationismus oder Telepathie zu glauben. Wenn man versucht hat, dagegen zu argumentieren, war das „intolerant“, weil „jeder glauben darf was er will“ und „die Leute damit ja niemandem wirklich schaden“. Zu glauben, dass Viren harmlos/nichtexistent sind, ist einfach ein weiterer Bullshit-Glaube ähnlicher Art, nur dass dieser jetzt größere direkte Auswirkungen hat.

Durch die falsche Toleranz („2+2=5“ ist nunmal keine Meinung) haben wir den Leuten, die jetzt Covidioten sind, aber halt beigebracht, dass es ok ist, Bullshit zu glauben. Wir haben sie nie genötigt, den Unterschied zwischen überprüfbaren Tatsachen und „Geschmacks-„Meinungen zu erkennen, oder zu verstehen, wie der wissenschaftliche Prozess funktioniert, und all diese schönen Dinge. Und jetzt haben wir halt den Salat. 🤷

Ganz schön viel Meinung für so wenig Ahnung

Anstatt bei einem neuen Thema erstmal die Fakten zu recherchieren, bilden wir uns gerne zuerst mal eine Meinung, und versuchen dann, sie vor uns und anderen zu rechtfertigen. Dabei werden die subjektiven und objektiven Dinge gerne mal vermischt. Ich finde (Obacht: Meinung), dass es gut wäre, wenn wir uns bemühen, besser zu trennen.

Hier ein paar Beispiele aus möglichen Diskussionen:

  • „Tiefkühlgemüse ess ich nicht. Da sind gar keine Vitamine mehr drin.“
  • „Ich bin gegen Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Autobahnen. Der ganze Kram mit dem Klimawandel ist doch erfunden.“
  • „Ich bin für die Abschaffung der Mund-Nasen-Schutz-Pflicht. Die Dinger bringen doch eh nix gegen Corona.“
  • „Wir sollten die Gleichstellung der Geschlechter verbessern. Die Unterschiede zwischen Mann und Frau sind eh nur anerzogene gesellschaftliche Konstrukte.“

Die erste Hälfte ist ein moralisches Urteil, eine Geschmackssache, eine politische Meinung, ein Wunsch oder ein Gefühl. Hier gibt es kein objektives „richtig“ oder „falsch“.
Die zweite Hälfte ist eine Aussage, die oft objektiv überprüfbar ist, und sich gerne mal als falsch herausstellen kann, vor allem wenn sie ausgedacht ist.

Besonders offensichtlich wird die Vermischung bei Sätzen wie „Meiner Meinung nach bringen Masken nix.“ oder „Ich glaube nicht an den Klimawandel.“. Es gibt nun mal Dinge, die haben nix mit Meinung oder Glauben zu tun, sondern sind Fragen für die Wissenschaft und/oder die Statistik.

Wenn man gerade keine Daten zur Hand hat, um die eigene Meinung zu stützen, sie aber trotzdem haben will, weil man sie sinnvoll findet, wäre Folgendes doch irgendwie besser:

  • „Tiefkühlgemüse ess ich nicht. Mir schmeckt das andere besser.“
  • „Ich bin gegen Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Autobahnen. Ich fahre gerne schnell Auto.“
  • „Ich bin für die Abschaffung der Mund-Nasen-Schutz-Pflicht. Die Dinger nerven mich einfach.“

Besonders schade ist es natürlich, wenn sich jemand, der eigentlich einen guten Zweck verfolgt, z. B. die Gleichstellung der Geschlechter zu verbessern, durch unwissenschaftliche Aussagen selbst den Wind aus den Segeln nimmt. Dann wird nämlich plötzlich darüber diskutiert, ob olympische Gewichtheberinnen nur, weil es die Gesellschaft von ihnen erwartet, niedrigere Gewichte bewegen als ihre männlichen Kollegen. Das eigentlich gut gemeinte und sinnvolle Ziel geht dann viel zu schnell unter.

Man sieht also, dass egal, ob man eine Meinung teilt oder nicht, es grundsätzlich vorteilhaft sein kann, darauf zu achten, Fakten („What?“) und Meinungen („So what?“) nicht unnötig zu vermischen. Stattdessen erstmal die Datenlage gemeinsam klären und dann schauen, was man für Ansichten darauf ableiten kann. Eventuell ist man dann ja plötzlich von der eigenen Meinung überrascht. Aber selbst wenn nicht wird die Diskussion dadurch nachvollziehbarer und zielführender.

Entdeckungen in Lösungsräumen

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Es gibt keine Erfindungen, sondern nur Entdeckungen.

So, diese Aussage werde ich in diesem Artikel vertreten.

Angenommen du entwickelst Fahrräder. Du fängst zufällig mit etwas an, dessen Räder noch zu groß sind. Langsam benutzt du immer kleinere Räder, bis du ein für eine normale Körpergröße passendes Optimum gefunden hast. Etwas kleiner fährt sich schon nicht mehr so gut.

Leicht bekifft baust du aber irgendwann einfach aus Spaß mal eins mit wesentlich kleineren Rädern, und plötzlich bemerkst du, dass das doch gar nicht so schwachsinnig ist. Man kann zwar nicht so schnell damit fahren, aber viel bessere Stunts hinlegen. Hast du jetzt das BMX erfunden? Nein, du hast es nur entdeckt. Der Lösungsraum war nämlich schon lange vorher gegeben.

Fahrraddiagramm

Du hast dich bisher jedoch einfach nur im rechten lokalen Optimum aufgehalten und dabei gar nicht gemerkt, dass es weiter links noch eins gibt.

Wenn mehr als nur eine Grundeigenschaft eines Produkts oder einer Idee gleichzeitig verändert werden müssen, damit man ein neues Optimum findet, sieht das ähnlich aus. Ein Beispiel für eine Optimierung auf einem zweidimensionalen Lösungsraum ist die Herstellung von Messern. Wenn wir nur Frühstücksmesser und Obstmesser in Betracht ziehen, gibt es wieder zwei Nutzen-Optima; kurz und scharf sowie lang und weniger scharf.

Messerdiagramm

Diese beiden Beispiele sind natürlich sehr stark vereinfacht. In Wirklichkeit haben die Lösungsräume, in denen wir uns bewegen, wesentlich mehr Dimensionen und sehen auch deutlich wilder aus. Das Prinzip in diesem Gedankenmodel bleibt jedoch das Selbe.

Gegeben ist ein Problem, für das eine möglichst gute Lösung gesucht wird. Dabei können sehr viele Parameter der Lösung variiert werden. Die Abhängigkeit des Nutzens von diesen extrem vielen Parameterkombinationen existiert jedoch bereits. Sie ist bisher jedoch nur in einem sehr kleinen Teil des Raums erkundet worden. Wenn wir eine gute Lösung „erfinden“, entdecken wir also lediglich eine sinnvolle Parameterkombination im gegebenen Lösungsraum.

everest

Wenn wir auf der Suche nach einer neuen Lösung sind, ist die Aussicht aber nicht immer so super, dass man direkt sehen würde, wo der höchste Berg denn nun ist. Er könnte ja irgendwo außer Sichtweite sein. Wenn man auf so einen Berg gelangen will, reicht es natürlich nicht, von seiner Startposition aus einfach immer nur solange bergauf zu gehen, bis es nicht weiter hoch geht. So könnte man am Ende ja einfach auf einem kleinen Hügel stehen ohne zu bemerken, dass ganze Gebirgsketten irgendwo anders auf einen warten.
Zwar verändert sich die Landschaft ständig, und wenn man lange genug wartet, existiert vielleicht irgendwann tatsächlich ein stetig ansteigender Weg von unserer Startposition zum Supergipfel, jedoch würde es ziemlich lange dauern, bis es mal soweit ist.
(Ähnlich funktioniert übrigens Evolution, zumindest wenn man nur die ungeschlechtliche Vermehrung betrachtet. Mit sexueller Fortpflanzung ist ein stetig ansteigender Weg nicht unbedingt nötig, da durch die Rekombination zweier verschiedener Positionen mit Glück auch Berge, die komplett von Tälern umgeben sind, erreicht werden können. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass man deshalb im globalen Maximum landet, dazu gibt es zu viele lokale Maxima. Also nein, wir Menschen sind vermutlich nicht das absolut Perfekte, der Mount Everest der Biologie. 😉 )

Um den Vorgang schneller zu gestalten, braucht man Ideen. Eine Idee ist dann einfach ein Gefühl (oder bei guter Intuition für den Lösungsraum auch eine feste Überzeugung), dass es „dort hinten im Nebel“ ziemlich weit nach oben geht.
Das kann natürlich klappen, aber auch daneben gehen. Die Kosten, um eine solche Lösung auszuprobieren, also einen unbekannten Teil des Lösungsraums zu erkunden, können selbstverständlich stark variieren, und werden meistens gegen den erwarteten Nutzen abgewogen.

Also, einfach mal auf Expedition gehen, und wenn ihr dann zufällig der erste auf einem vorher unbekannten Berg seid, lasst euch direkt den ganzen Kontinent patentieren, damit euch bloß keiner besuchen kommt. 😀

Erleben und Erinnern

erleben_und_erinnern„Wenn wir etwas erleben, können wir das, was geschieht, objektiv wahrnehmen, und es im Nachhinein (zumindest den Teil davon, den wir nicht vergessen haben) korrekt widergeben.“ FALSCH! 😀

Zunächst einmal zum Erleben: Wir stehen nicht in direktem Kontakt mit der externen Welt. Wir nehmen durch unsere Sinne nur Hinweise wahr, die wir interpretieren. Aus diesen Interpretationen bauen wir uns dann ein internes Modell zusammen. Erleben ist also kein rein passiver sondern ein konstruktiver Prozess.

Richtig deutlich wird das jedoch erst, wenn dieser Prozess offensichtlich falsche Ergebnisse produziert. Der Ames-Raum, ist ein gutes Beispiel dafür, wie unsere Erfahrung mit rechteckigen Räumen zu einer Interpretation, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat, führen kann. Des weiteren erfinden wir ähnlich wie beim blinden Fleck im Auge Dinge dazu, die wir erwarten.

naked_woman_illusion_bubblesOb, diese Illusion nur bei Lesern, die auf Frauen stehen, funktioniert, weiß ich nicht. 😉 Aber der Witz ist halt, dass die Damen gar nicht so nackt sind, wie man meint.

naked_woman_illusion_originalWenn wir Dinge, zu denen mehrere interne Modelle passen würden, wahrnehmen (und sie nicht einfach verpassen), entscheiden wir uns für eins davon. Auf folgendem Bild sehen wir in einem Moment auch nur entweder eine Ente oder einen Kaninchen.

duck_rabbit_illusionIn Alltagssituationen mit mehreren möglichen Interpretationen entscheiden wir uns unbewusst oft für eine, womit wir auch schonmal gut daneben lieben können. Diese Illusionen sind übrigens nicht nur auf den visuellen Bereich beschränkt.

electromagnetic_spectrumAber wie sieht es mit Erinnerung aus? Die Tatsache, dass wir selbst den kleinen Anteil vom elektromagnetischen Spektrum, den wir eigentlich hätten sehen können, nicht einfach als HD-Video verlustfrei in unserem Kopf aufnehmen, ist nicht die einzige Möglichkeit, wie hier starke Abweichungen von der Wirklichkeit auftreten können. Wir speichern nämlich nur abstrakte Informationen über eine Begebenheit und jedes mal wenn wir uns erinnern wird daraus aktiv etwas rekonstruiert. Lücken werden unbemerkt einfach aufgefüllt, ähnlich wie beim blinden Fleck und der oben gezeigten naked woman illusion; und das noch nichtmal jedes mal zuverlässig gleich! Unsere Erinnerungen unterliegen nicht nur Stimmungsschwankungen sondern auch langfristigen Veränderungen, die manchmal sogar aktiv von anderen hervorgerufen werden können.

bugs_bunnyIn einem für meinen Geschmack besonders witzigen Experiment diesbezüglich wurde Leuten, die in Disneyland waren, eingeredet, sie hätten dort Bugs Bunny getroffen. Danach hatten sie lebhafte Erinnerungen an diese Szene, die sie auch erzählen konnten. Dass das ganze gar nicht passiert sein konnte, weil Bugs Bunny eine Figur von Warner Bros. ist, und deshalb ganz sicher nicht in Disneyland anzutreffen ist, spielte dabei keine Rolle. 😉

Aber auch ohne dass uns jemand aktiv etwas einredet, können unserer Erinnerungen schlichtweg verkehrt sein; selbst bezogen auf Umstände von wichtigen Ereignissen, von denen wir überzeugt sind, dass wir uns da sicherlich korrekt dran erinnern. Um diese Aussage zu bestätigen, hat man Leute direkt nach den 9/11-Vorfällen gefragt, wo sie waren als sie davon erfahren haben. Als man den selben Leute nur ein Jahr später die gleiche Frage erneut gestellt hat, war die Geschichte von über einem Drittel der Befragten nicht mehr konsistent mit ihrer ursprünglichen.

Solche Fakten lassen natürlich auch die Aussagen von Augenzeugen in einem anderen Licht erscheinen; sei es bei „Ufosichtungen“ oder ganz normal vor Gericht. Wir alle können trotz fester Überzeugung einfach dramatisch falsch liegen.

augenzeuginWenn du also beim nächten Familientreffen mit deinen Cousins streitest, wer von euch früher bei den Bundesjugendspielen damals am weitesten geworfen hat, und ihr euch fast gegenseitig an die Gugel geht, weil die anderen ja alle totalen Bullshit erzählen, denk vielleicht mal zwischendurch an diesen Artikel und daran, dass du es möglicherweise einfach selbst nicht mehr wirklich weißt. 😉

Dinge, die wir eventuell gar nicht verstehen können

Perplexed-gorilla-is-perpleDurch die Evolution sind unsere Gehirne und die Veranlagung für unser Denken so geformt worden, dass wir in kleinen Gruppen möglichst gute Chancen zum Überleben und Fortpflanzen hatten und die verursachenden Gene weiterbestehen konnten. Dafür, dass Selektionsdruck, der der Fähigkeit zur Erkenntnis von absoluter Wahrheit einen Vorteil gegeben hätte, geherrscht hat, ist mir kein Hinweis bekannt.

Was können wir, diese haarlose Affenbande, die auf ihrem grünen Planeten um irgendeinen einen Stern düst, überhaupt begreifen, das über unsere normale Alltagserfahrung hinausgeht? Eine besonders gute angeborene Intuition haben wir weder für Zufälle mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit, noch für Entfernungen größer als ein Tagesmarsch oder kleiner als das, was wir mit bloßem Auge sehen können. Ebenso sind Geschwindigkeiten größer als sagen wir mal dem Sprint eines sehr schnellen Tieres oder kleiner als die einer Schnecke genauso schlecht vorstellbar wie extrem lange oder extrem kurze Zeitspannen.

AffenerdeDank der Kultur, die wir entwickeln, haben wir aber nun doch ein paar Techniken, die uns dabei helfen, etwas mehr herauszufinden. Dabei gibt es allerdings verschiede Arten der Erkenntnis.

Wenn wir uns innerhalb eines formalen Systems bewegen, können wir tatsächlich beweisen, dass Dinge dort wahr sind, wie beispielsweise dass es unendlich viele Primzahlen gibt, oder dass im Euklidschen Raum die Summe der Quadrate über den Katheten eines rechtwinkligen Dreiecks gleich dem Quadrat über der Hypothenuse ist.

MatheBei Aussagen über die physikalische Wirklichkeit wird es allerdings schon etwas schwieriger. Hier kann man lediglich Theorien aufstellen, die viele Möglichkeiten zur experimentellen Widerlegung anbieten, und dann überprüfen, ob sich empirisch herausstellt, dass die besagte Theorie tatsächlich ein gutes (trotz vielen Versuchen nicht widerlegtes) Model der Realität mit starken Vorhersagen darstellt. Man kann allerdings nicht nur rein grundphysikalische Aussagen, beispielsweise der Relativitätstheorie, testen, sondern auch Behauptungen wie „Ich kann von der Freiwurflinie Dunken.“, „Man kann durch Tarot-Kartenlegen Fußballergebnisse vorhersagen.“, „Akkupunktur heilt Kopfweh.“ oder „Wenn man für jemanden betet, verbessert das den Verlauf seiner Krankheit.“. Man geht mit dem Behauptenden in die Sporthalle und lässt es sich zeigen, bzw. lässt ihn viele Spielstände prognostizieren und guckt dann, ob seine Trefferquote signifikant besser ist als eine, die man vom Zufall erwarten würde. Die Nadelpiekserei überprüft man, indem man die Ergebnisse dieser Therapie in einer Doppelblindstudie mit gleichartigen Placebobehandlungen vergleicht, und die Beter lässt man für Leute beten und schaut, ob es den Bebeteten danach besser geht als der Vergleichsgruppe. Bei noch nicht überprüften Fragen dieser Art kann man natürlich spekulieren, was denn nun vermutlich stimmt. Aber bei welchen, die bereits ausgiebig überprüft wurden, geht es nicht um Glauben, sondern mehr darum, ob man die Beweislage kennt und akzeptiert oder ob man sie ignoriert.

huge_churchAndere Behauptungen wären überprüfbar, allerdings führt man die nötigen Experimente aus ethischen Gründen nicht durch. Beispielsweise müsste man um zu überprüfen, ob es für Kinder im Schnitt förderlich (was auch immer man sich gerade darunter vorstellt) ist, wenn man ihnen das Fernsehen kompeltt verbietet, Kinder (und damit ihre Familien) zufällig einer Fernsehgruppe und einer Nicht-Fernsehgruppe zuteilen. Da da aber kaum jemand mitmachen will, hat man in solchen Fällen nur Statistiken, die jedoch nur Korrelation und keine Kausalität anzeigen.

Die nächste Kategorie sind nun Behauptungen, die sich überhaupt nicht überprüfen lassen. Wenn zum Beispiel jemand sagt, dass er ein Einhorn hat, dass aber nur er sehen/anfassen kann, oder dass das Universum von einer riesigen Schildkröte ausgepupst wurde, kann man das entweder glauben oder nicht, oder man sagt, dass man Theorien, die sich jeglicher Empirie entziehen, albern und sinnlos findet, weil sie ja per Definition keinen Einfluss auf unsere erlebbare Welt haben.

andromedaHier ist dann auch der Übergang zu Fragen, die wir mit eventuell nie beantworten können, gekommen. Die Frage nach dem Ursprung von Allem beispielsweise endet entweder darin, dass man immer unendlich weiterfragt „Und was war davor?“ oder dass man irgendwo ein Dogma setzt („Gott wars.“) dessen Ursprung man dann nicht weiter hinterfragt, oder dass man sich mit seinen Begründungen immer wieder im Kreis dreht. Die Frage wie unser Bewusstsein entsteht könnte ähnlicher Natur sein (siehe Neuronale Netze und das Leib-Seele-„Problem“).

neuralNetworkVon den Dingen, die wir verstehen können, gibt es verschiedene Arten des Verstehens. Manche Sachen leuchten intuitiv ein und man kann sie sich bildlich vorstellen. Bei anderen geht das nicht (mehr als drei Raumdimensionen, unterschiedlich schnell laufende Zeiten usw.), dafür sind sie jedoch mathematisch erfasstbar, und das jeweilige Model liefert (vielleicht) zuverlässig präzise Ergebnisse. Emergente Phänomene lassen sich eventuell in einer Simulation nachstellen und so vorhersagen, allerdings lässt sich die Komplexität nicht wegreduzieren, auch wenn sie eigentlich aus simplen Grundregeln entsteht.

muesliUnd dann gibt es noch die Themen, bei denen es keine Wahrheit sondern nur verschiedene Geschmäcker gibt, wie beispielsweise welche Frühstücksflocken leckerer sind, oder welches Verhalten „gut“ und welches „böse“ ist. 😉

Der Tod

deathSo, heute wird es nochmal ein klein wenig existentieller als in den letzten Posts. 😉
Ob nun aus irgendeinem aktuellen Anlass oder einfach generellem Interesse – die meisten von uns haben sich vermutlich irgendwann mal mit dem Thema der Sterblichkeit (auch der eigenen) beschäftigt. Und vermutlich sind nur recht wenige dabei zu dem Schluss gekommen, dass sie sich dich drauf freuen, endlich ins Gras zu beißen.
Märchen, die versuchen diesbezüglich Trost zu schenken, gibt es genug. Von ewigem Leben im Paradies über Widergeburt bis hin zu Rumgegammel als Gespenst oder chilligem Abhägen im Nirvana ist da vieles dabei. Was tut man aber nun wenn einen sowas nicht überzeugt?

question_mark_gravestoneTot zu sein sollte für den Betroffenen eigentlich nicht sonderlich schlimm sein, denn das Bewusstseinsphänomen „Schlimmizität“ existiert dann überhaupt nicht mehr, da die Prozesse, aus denen das hervorgeht, einfach nicht mehr stattfinden. Diejenigen, die wirklich leiden, sind also die Hinterbliebenen, die den Verstorbenen eventuell sehr vermissen.
Falls dich das noch nicht überzeugt, dass es nicht unangenehm ist, nicht mehr zu leben, frag dich mal, wie es für dich war als du noch nicht gelebt hast. Die mehreren Milliarden Jahre, die die Erde schon ohne dich existiert hat, fandest du ja auch nicht sonderlich dramatisch.

earth„Aber das Sterben an sich könnte total schrecklich oder schmerzhaft sein.“ – Ja, das könnte es, und ist es in einigen Fällen vermutlich auch. Die moderne Medizin bietet aber auch selbst für die Körperlich übelsten Zustände Mittel, mit denen das gefühlte Unwohlsein wohl sehr stark reduziert wird; gerade wenn eventuell ungesunde Nebenwirkungen kein Problem mehr darstellen. 😀
Na gut, aber angenommen man hat nicht die Chance, (möglicherweise schön vollgedröht) einfach einzuschlafen. Ja, dann könnten diese Momente ziemlich scheiße sein. Gegen das Problem hilft mir persönlich allerdings folgende kleine Anekdote aus dem eigenen Leben überraschend gut. 🙂

krankenwagenAls ich mir vor nun fast einem Jahrzehnt beim Basketballspielen mal das Bein gebrochen hatte, wurde vor meinem Abtransport vom Court gesagt, dass ich nun ein Mittel bekäme, dass mich den Schmerz zwar spüren lässt, aber bewirkt, dass ich mich danach nicht mehr an ihn erinnern werde. Es wurde impliziert, dass das fast genauso gut sei wie nichts zu spüren.
Das bringt mich zu folgender Definition von Schmerzen/Leid: Der Moment (wenn er denn nicht übertrieben lang ist), in dem man aktiv leidet, ist gar nicht so sehr das Üble, sondern die vielen Jahre danach, in denen man sich noch traumatisiert an diesen Moment erinnert oder sonstwie mit den Folgen zu kämpfen hat, sind das Fiese.
Wenn ich also beim Sterben starke Schmerzen habe, ist das demnach wesentlich harmloser als wenn ich die gleichen Schmerzen früher in meinem Leben durchmachen müsste.
Das geht natürlich gegen den Konsens, dass es besonders wichtig sei, die letzten Momente eines Sterbenden möglichst nett zu gestalten. Ich behaupte ja, dass Schmerzen beim Sterben wesentlich schwächer zu bewerten sind als andere ihrer Art, aber was solls. 😀

sterbebettOK, Totsein an sich ist dann also eher harmlos und Sterben gar nicht so schlimm. „Aber ein Bischen ewig leben wäre trotzdem nicht verkehrt.“ mag der ein oder andere denken.
Na gut, mit (grob) 72 Jungfrauen oder Ähnlichem kann ich leider nicht dienen, sondern nur mit folgendem:
In seiner Lebzeit hat man zwangsläufig mit seiner Umgebung interagiert und durch seine Worte und Handlungen Spuren hinterlassen. Andere Leute haben von/durch/mit einem gelernt, und zur Gesamtkultur der Gesellschaft hat man auch ohne zig Nobelpreise geholt zu haben einen (wenn auch kleien Teil) beigetragen. Das gilt nicht nur für diejenigen unter uns, die sich fortgepflanzt haben. Und auch eine kleine Handlung jetzt kann eine der Ursachen für eine größere Veränderung in der Zukunft sein. 🙂

Glücklichsein und andere Lebenssinne

The_Answer_to_Life_the_Universe_and_EverythingLeben als solches (Stoffwechsel, Homöostase, Fortpflanzung usw.) hat an sich wohl eher keinen inhärenten Sinn, sondern läuft als emergenter Prozess einfach im Rahmen der Naturgesetze (physikalisch, chemisch, biologisch) ab. Sinn ist ja eh etwas, das erst wir denkenden Lebewesen in Handlungen und Existenzen hineininterpretieren. Auch wenn wir der Evolution gern ein Ziel wie die Hervorbringung immer „höherer/besserer“ (Obacht, hochgradig subjektiv) Lebensformen zusprechen möchten, passiert auch sie einfach so. Alles hat eine Ursache, aber diese muss kein Grund im teleologischen Sinn sein oder haben. Frösche sind beispielsweise nicht dafür da, um Spinnen zu fressen, damit wir Menschen nicht so sehr von ihnen belagert werden, es geschah einfach so, dass sie es tun. Den Sinn sprechen erst wir ihnen zu, da sie jemandem (in dem Fall uns) nutzen.

frog-wideDa wir aber manchmal darauf (be)stehen, dass auch wir nicht sinnlos sind, suchen wir uns manchmal (wenn auch unbewusst) einen Zweck (und andere Grundsätze, ethisch oder sonstwie) für uns aus. Die Angebote sind ja zahlreich. Ich vermische hier gleich sicherlich kurzfristiges Glücklichsein öfters mal mit langfristiger Erfüllung, da mir die Grenzen dazwischen fließend vorkommen, denn oft ist es ein Abwägen (oder eher Tauziehen?) ähnlich wie beim Marshmallow-Test.

Na gut, was sucht man sich denn nun zur Erfüllung so aus? Für verschiedene Leute sind es wahrscheinlich unterschiedliche (auch stark kulturell geprägte) Mischungen aus teilweise diesen (oft auch wieder überlappenden) Sachen:

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  • Hedonismus in vielen Formen, also Genuss von Sex, Essen, Unterhaltung, Berieselung, Nervenkitzel, Musik, mit Freunden abhängen usw.
  • Selbstverwirklichung, sei sie sportlicher, beruflicher, intellektueller, finanzieller oder sonstiger Art. Man kann einfach auf einen hohen sozialen Status hinarbeiten oder fleissig trainieren, um irgendwann so gut Surfen zu können, dass Teahupoo einen nicht zerlegen würde, oder um andere krasse Sachen drauf zu haben.
  • Spiritualität. Diese muss nicht religiös sein. Das naturalistische Verstehen der Welt könnte man in diese Kategorie einorden sowie Mitgefühl und Hilfe (bis hin zur Aufopferung) für andere (z.B. ihnen in Foren beim Erwerb der Grammatik zur Seite stehen ;-)) oder was auch immer.

Je nach Persönlichkeit sagen einem diesbezüglich dann wahrscheinlich auch andere Philosophen zu. Für den *S*J könnten gesellschaftliche Pflichterfüllung und Tugenden ähnlich wie bei Aristoteles und Konfizius passen. Als *S*P mag man eventuell Aristipp lieber, liest ihn aber nicht, weil man lieber Party machen geht, als *NF* sagt einem möglicherweise Budda mit seinem Altruismus eher zu und als *NT* gefällt Platon und seinen Wunsch, die Struktur der Welt zu verstehen, vielleicht besser.

Verschiedene_Arten_Glueck_zu_empfindenNaja, tun wir mal einfach so, als würde man gerne glücklich sein. Wenn man es nicht ist, stolpert man eventuell über irgendwelche beratenden Bücher, die (überspitzt gesagt) mit „Du musst einfach nur …“ anfangen und mit sowas wie „… jeden Tag leben als wäre es dein letzter.“ weitermachen. Mal abgesehen davon, dass mein Morgen vermutlich ziemlich übel wäre wenn ich mein Heute nach dieser Devise gestalten würde (Wingsuit Basejumping anyone? :)), kommt dazu, dass solche Tipps gerne von Leuten gegeben werden, die selbst eh einfach schon ziemliche Dauergrinser sind. Damit will ich nicht ausschliessen, dass es nicht auch tatsächlich hilfreiche Techniken geben kann, sondern nur darauf hinaus, dass Glücklichsein genau wie viele andere Charakterzüge auch, unter anderem eine genetische Komponente hat. (Man kann nicht einfach abhaken, welche Punkte/Ebenen der Bedürfnispyramide bei einem Menschen erfüllt sind, und dadurch wissen, wie glücklich er sich fühlt.)

HerzSelbst so ein netter Ratschlag wie „Entscheide dich so, dass du es im Alter rückblickend nicht bereuen wirst.“, der meistens darauf abzielt, Chancen nicht zu verpassen sondern zu ergreifen, hat Schwächen, denn selbst innerhalb von 10 Jahren kann sich unser persönliches Wertesystem stark verändern, sodass wir dann praktisch wieder ein anderer Mensch sind, auch wenn wir in fast jedem Alter gerne meinen, dass unser jetziger Charakter schon vollendet sei.

Deshalb trage ich jetzt einfach ein paar Dinge, die mir bei meiner Recherche so über den Weg gelaufen sind, zusammen.

BaumUnser erlebendes Selbst und unser erinnerendes Selbst müssen sich nicht immer einig sein. Man erinnert sich manchmal nur an den besten oder den schlimmsten Teil einer Erfahrung bzw. das Ende, nicht aber an die Gesamtheit (vgl. Peak–end rule und Duration neglect). Die erinnerte Vergangenheit ist also nicht unbedingt ein perfekter Indikator dafür, was man mögen wird. Ebenso kann einen die vorausschauende Überlegung, was nun glücklich machen würde, in die Irre führen. Man überschätzt systematisch die Freude, die man aus neuem materiellem Besitz ziehen wird im Vergleich zu anderen Optionen, die sich für den gleichen Preis bieten würden. Einfachere Dinge, die man dafür mehr bewusst erlebt (Theaterbesuche, Musikunterricht, Zeit zum Spazieren) sind auf Dauer oft größere Glücksspender als teure Autos, die man sich in die Garage des teuren Hauses oder in den Stau stellt. Andersherum ist es jedoch genauso. Wir überschätzen auch die dauerhaften negativen Folgen, die eine dramatische Änderung auf unseren Gemütszustand haben könnte. Überraschenderweise sind Lottogewinner oft nach einigen Jahren wieder ähnlich zufrieden/unzufrieden wie zuvor (auch wenn sie ihr Geld nicht verplempert haben), und auch Menschen, die eine Querschnittslähnung erlitten, scheinen sich daran zu gewöhnen. Es sieht also so aus, als würden wir weniger vom absoluten Zustand, sondern eher von seinen Änderungen (erste zeitliche Ableitung) abhängen.

Abgesehen von den offensichtlichen Schwierigkeiten Glück zu messen, scheint es zumindest hilfreich zu sein, wenn der sozioökonomischen Unterschiede im persönlichen Umfeld nicht allzu groß ist, man das Gefühl von Kontrolle über sein Leben hat und sich für irgendwas nützlich vorkommt.

Necker_cube.svgAnsonsten sind viele Erlebnisse auch einfach sehr mehrdeutig interpretierbar, und ähnlich wie beim Necker cube liegt es am Betrachter, ob er das ganze nun positiv oder negativ sieht. Wir sind gar nicht mal so schlecht darin, im Nachhinein Glück in Erlebnisse reinzusynthetisieren.

Mal abgesehen von alle dem (um den Bogen zum Anfang wieder zu schliessen), hat die Natur nicht vorgesehen (sowas kann sie ja grundsätzlich nicht), dass wir zwangsläufig glücklich sein müssen, sein werden oder werden können. Auch gibt es schwerwiegendere Selektionskriterien als dieses. (Allerdings kann man es üben). Also: YOLO! ^_^

Happiness_Flussdiagramm

Dooooooooooooooooooof.

Früher hatte ich manchmal das Gefühl, dass die ganze Welt irgendwie Verarsche sein muss, so dämlich wie die Gesellschaft sich als Ganzes oft verhält. Mit etwas Spieltheorie kann die Entstehung einiger Muster jedoch ansatzweise erklärt werden.

Damit dieser Artikel Sinn ergibt, ist es nötig, dass du das prisoner’s dilemma, dass ich im Artikel „Rache ist ja soo selbstlos… 😉“ beschrieben habe, verstanden hast. Also, falls das gerade nicht präsent ist, kannst du eben nochmal kurz nachlesen. Ich warte hier auf dich. 🙂

Aus dem Artikel „Zwei Systeme und nur ein Kopf“ wissen wir ja, dass Menschen oft nicht rational entscheiden. Zusammen mit der Vorstellung der Linsensuppe im Kopf stellt sich die Frage, ob humanes Verhalten sich überhaupt spieltheoretisch (also mathematisch) sinnvoll und alltagsrelevant untersuchen lässt. Antwort: Ja, das tut es. Denn auch wenn Gefühlentscheidungen in vielen Kontexten unlogisch erscheinen, hat sich der genetisch kodierte Teil unseres Verhaltens über Millionen von Jahren durch Selektion, deren Funktionsweise sehr gut logisch zu ergründen ist, herausgebildet. Ein paar Beispiele dafür gibt es im Artikel „Evolution und Folgen des parental investments„. Dazu kommt, dass Selektion nicht nur auf genetischer Ebene stattfindet, sondern auch beispielsweise zwischen Unternehmen. Es sind natürlich alles nur genäherte Modelle, die jedoch nützlich sein können. So, aber nun genug des Vorgeplänkels; auf geht’s! 🙂

Adam Smith hat uns ja beigebracht, dass in einem freien Markt alle profitieren wenn jeder zu seinem eigenen Besten handelt. Ein Anbieter einer Ware will Profit machen, und gibt sich deshalb Mühe, mit einem guten Preis-/Leistungsverhältnis zu glänzen, denn nur dann kaufen die Kunden, die für sich selbst ja auch nur gutes wollen, auch bei ihm. Durch diese Konkurrenz zwischen den Anbietern haben die Kunden, also die Gesellschaft, es maximal schön. Der erwähnte Schottische Ökonom nannte diese Kraft, die Allen zu Gute kommt, die „unsichtbare Hand“ des Marktes.

Diese Hand langt manchmal aber auch voll daneben; besonders in Märkten mit asymetrischer Information, also in diesem Fall wenn der potentielle Kunde die Qualität der Produkte nicht so gut wie der Anbieter kennen kann. Ein klassisches Beispiel dafür ist der Gebrauchtwagenmarkt, aber viele andere Bereiche sind ebenso passend. Beispielsweise beim Schnitzelkauf im Supermarkt weiß man auch nicht unbedingt, wie es um die Qualität bestellt ist. Und schon haben wir ein prisoner’s dilemma! Ja wo das denn? Zwischen den Anbietern! Wenn alle gute Produkte auf den Markt werfen, reguliert sich der Preis auf ein bestimmtes Niveau ein (Marktgleichgewicht). Die PD-Spieler kooperieren. (Keiner der Anbieter schummelt, indem er getarnten Müll einbringt.) Wenn einer jetzt jedoch Schrott (wertloses Auto, extrem billig produziertes Fleisch usw.) hervorzaubert, kann er damit zunächst mehr Gewinn machen, da er es zum gleichen Preis verkaufen kann, jedoch weniger Herstellungskosten hatte. Im PD-Jargon defektiert er also. Den Kunden wird die sinkende Durchschnittsqualität (erhöhte Chance, Mist zu erwischen) bewusst, weswegen er nicht mehr bereit ist, so viel zu bezahlen. Der Gesamtpreis auf dem Markt (auch der, der qualitativ hochwertigen Produkte) sinkt. Die Defektion hat also ganz klassisch allen PD-Spielern geschadet. Um Kooperation zur evolutionär stabilen Strategie zu machen, ist Rache gut. Das ist hier aber nicht so einfach. Damit das ganze nicht total eskaliert, hilft leider nur Kontrolle und informierte Kunden, die irgendwie herausfinden, welche Anbieter ihnen die Montagsautos und das Gammelfleisch andrehen wollen (Screening). Die Spieler, die auf Qualität setzen, können das zwar durch Gütesiegel zeigen (Signaling), aber das klappt auch nicht immer. Self-Selection in Form von hochwertigen Verträgen (z.B. zwei-Jahres-Garantie für Gebrauchtwagen) bietet sich auch nicht immer an. Da „beschissen“ zunächst kurzfristig die dominante Strategie (die durch auf reinem Preisvergleich basierenden Kaufentscheidungen der Kunden auch noch gefördert wird) sein kann, lässt sich nicht vermeiden, dass sie auch gespielt wird. Eventuell pendelt sich das Nash-Gleichgewicht irgendwo bei „ein Bischen Mist, aber nicht zu viel“ ein. Je nach aktueller Phase im Kondratjew-Zyklus (falls es sowas tatsächlich geben sollte) könnte es auch schwanken. Ich stelle mir vor, dass während eines Aufschwungs mehr kooperiert wird als während eines Abschwungs.

Themensprung -> Presse/Medien. – Es wäre ja toll wenn alle gewissenhaft und wahrheitsgetreu berichten würden, jedoch wäre auch das kein evolutionär stabilder Zustand. Der Selektionsdruck kommt hier von den Konsumenten. Anbieter, die das drucken/zeigen, was am meisten gekauft wird, verdienen mehr als die, die drucken/zeigen, was wahr/nützlich/sinnvoll ist. Wenn die Leute nützliche Wahrheit lesen/sehen wollen, wird es die (oder etwas, das auch auf den zweiten Blick noch danach aussieht) auch geben; wenn nicht, dann aber auch nicht (zumindest nicht so viel.) Damit die schönen Geschichten nicht zu absurd wirken, ist der Ursprung machmal authentisch, jedoch die Tatschen sind so verzerrt, dass nur noch wenig wiederzuerkennen ist. Ein Beispiel dafür ist, wie bei gefundener Korrelation oft von angeblicher Kausalität berichtet wird. Es verkauft sich einfach besser.

Dieses Muster jetzt auf die Politik zu übertragen ist einfach: Welcher Politiker wird sich mehr durchsetzen (gewählt werden)? Kandidat A, der alle seine Energie da rein steckt, sinnvolles zu sagen und zu tun, oder Kandidat B, der seine Energie mehr darein steckt, die Wähler dazu zu bringen, ihn zu wählen, indem er ihnen erzählt, was sie hören wollen? Auch hier ist die Strategie von A wieder keine evolutionär stabile, weil sie von der von B flott invadiert wird. Merkst du, dass das nicht das Gleiche ist wie „Politiker… Alle an die Wand stellen…“, das mein Schwiegeronkel gerne mal sagt? Es geht stattdessen darum, dass auch wenn nur 600 von 30000 Politikern so sind, es sein kann, dass genau diese in einer Demokratie nach oben gespült werden. Den Auftrieb dafür liefern wir selbst.

Ein weiteres „schönes“ ist das Beitragsdilemma. Angenommen, es gibt ein Ziel, dass (fast) alle eigentlich gerne erreichen wollen, wie beispielsweise saubere Luft (Klimaschutz) oder Meere, in denen langfristig noch genug Fische sind. Jeder hätte einen Vorteil daraus. Wenn man als Staat aber selbst nicht so sehr mitmacht bei der Klimasache, spart man viel Geld und profitiert ja trotzdem davon, dass die anderen schützen. Die Erhöhung des globalen Gesamtschadens, die man dadurch verursacht, wiegt den lokalen wirtschaftlichen Vorteil nicht auf, genau wie bei der Fischindustriefirma, die dann doch alles rausholt, was geht. Lokale „Schlauheit“ bedeutet oft globale Dummheit. Das Ganze nennt sich dann Tragik_der_Allmende.

Hilft es, das zu wissen? Naja, muss nicht, aber zumindest ich ich fühle mich etwas besser wenn ich verstehe, warum das, was doof ist, doof ist. Und wenn das auch nichts mehr nützt, dann vielleicht nocht das Bewusstmachen, dass Willensfreiheit eine Mär ist. 😉

„Ich glaube nicht an die Freiheit des Willens. Schopenhauers Wort: ‚Der Mensch kann wohl tun, was er will, aber er kann nicht wollen, was er will‘, begleitet mich in allen Lebenslagen und versöhnt mich mit den Handlungen der Menschen, auch wenn sie mir recht schmerzlich sind. Diese Erkenntnis von der Unfreiheit des Willens schützt mich davor, mich selbst und die Mitmenschen als handelnde und urteilende Individuen allzu ernst zu nehmen und den guten Humor zu verlieren.“ – der schlaue Albert

Zu guter Letzt sei nochmal am Beispiel der nicht nachhaltigen Fischerei gezeigt, dass man nicht einfach nur im Stau steht, sondern selbst der Stau ist: Wenn wir mit unseren Kaufentscheidungen bewusst darauf einwirken würden, zu fördern, was wir eigentlich für gut befinden („Geld ist Stimmzettel.“ und so), würden sich einige Probleme lösen. Aber wer hat schon tatsächlich den Greenpeace-Einkaufsratgeber im Supermarkt dabei…

Natur-/Umweltschutz

Wie schon im Fleischfresserei-Artikel kurz erwähnt, ist Natur kein Wesen mit Absichten oder Leidensfähigkeit. Sie ist ein Wort für einen Zustand ohne Kultur, also eigentlich für das, was physikalisch in DNA kodiert ist und ohne anders geartete generationsübergreifende Informationsweitergabe existiert. Es ist jedoch nicht nur dem Mensch, der Kultur hat, auch andere (vorallem Säuge-)Tiere sind dafür bekannt. Es werden Werkzeuge, deren Herstellung und Handhabung von den Vorfahren erlernt wird, benutzt, um die Umwelt den eigenen Bedürfnissen anzupassen. Die Fähigkeit, Kultur zu bilden, ist also eine natürliche Eigenschaft vieler Lebewesen. So gesehen ist alles, auch alles, was Menschen tun, „natürlich“, egal wie hochtechnologisch es wirkt. Selbst synthetisch hergestellte Stoffe sind so also nicht „unnatürlich“, und das nicht nur weil Penicilline beispielsweise auch in Pilzen vorkommt (da wurde es sogar entdeckt) und ein Vorläufer von Aspirin, das Salicin, unter anderem in Silberweiden und Stiefmütterchen gefunden werden kann. Da diese Unterscheidung bei genauerer Betrachtung also ihre Schwammigkeit offenbart, ist sie offensichtlich nicht geeignet, um irgendwelche Entscheidungen auf ihrer Basis zu treffen. Dazu kommt, dass man sich von dem Gedanken, dass Natur „gut“ und alles andere eher „böse“ sei, verabschieden muss. Es gibt höchstens Dinge oder Zustände, die in bestimmten Situationen für bestimmte Lebewesen nützlich oder schädlich sind.
Allgemeingültige Wertungen werden da nur von uns selbst nachträglich reininterpretiert, sind aber nicht inhärent vorhanden. Warum also die Natur schützen? „Wenn wir die Meere industriell leergefischt haben, können sich vielleicht Quallen besser vermehren, ist doch schön für sie. Außerdem ist der letzte Hai vermutlich nicht trauriger wenn er stirbt als wenn es noch ganz viele seiner Art gäbe.“ Wenn Arten aussterben erfahren Individuen nicht mehr Leid als wenn die Art weiterexistiert.
Auch die Vereinfachung, dass Veränderung der Umwelt, die der Mensch verursacht, schlecht seien, und man einen gewissen Zustand erhalten müsse, greift nicht, denn Veränderung ist ein unvermeidlicher Teil des Ganzen. 99% aller Arten, die je auf der Erde gelebt haben, sind ausgestorben, und das war schon so, bevor der Mensch anfing, die Erde im großen Stil zu bevölkern. Außerdem ist ein „Es ist so / war schon immer so.“ sowieso noch lange kein „Es soll so sein.“ (vgl. Humes Gesetz).
Wenn wir also von Umweltschutz sprechen, geht es eigentlich um Selbstschutz (im Gegensatz zum Naturschutz, der auch Dinge schützen will, die für den Menschen nicht so relevant sind). Wir wollen eine Umweltsituation, die für uns (und vielleicht folgende Generationen) irgendwie nett ist. Ob frei lebende Geparden dafür nötig sind, muss jeder selbst entscheiden. Die Werte weisen wir also subjektiv zu. Ich persönlich finde z.B. die erwähnten Tierchen ja echt stylisch, vorallem wenn sie mit über 100 km/h durch die Gegend fetzen, und würde mir wünschen, dass sie das in Zukunft auch noch tun. Darüber, was besonders schützenswert ist, werden sich jedoch wohl nie alle einig sein. Selbst auf die Frage, wie wenig wir unsere Kosten auf zukünftige Generationen externalisieren dürfen („Sollen die sich doch um unseren Müll kümmern, wir verbuddeln ihn jetzt erstmal.“), gibt es keine eindeutige Antwort, auch wenn es gut möglich ist, dass unsere (Ur-)Enkelkinder uns später einmal ziemlich vorwurfsvoll angucken werden.
Man kann Dinge schützen, weil man sie schön, interessant, erforschenswert, praktisch, erholsam oder sonstwie schützenswert findet. Was nun letztendlich im großen Stil getan wird, kann nur im Konsens entschieden werden, wobei man sich natürlich (höhö) dann auch Gedanken machen muss, wie man Leute, die nicht intrinsisch motiviert sind, extrinsisch dazu bringen kann, mitzuziehen. Man kann beispielsweise jahrelang predigen, dass es doof ist, leere Cola-Dosen aus dem Auto zu werfen, jedoch die simple Einführung des Dosenpfands löst das Problem wesentlich effizienter, da nun einfach ein direkter Anreiz da ist. Und wenn man seine Dosen doch lieber in der Gegend liegen lässt, findet sich eventuell jemand, der sie beim zufälligen Vorbeigehen aufsammelt, weil er den Pfand kassieren möchte. Solche eleganten Lösungen, die menschliches Zufallsverhalten (zumindest teilweise) automatisch selbst ausgleichen, finde ich toll. 🙂

Aufgeschlossenheit

„Sei doch nicht so engstirnig. Es gibt viele Dinge zwischen Himmel und Erde, die du nicht verstehst. Sei denen gegenüber doch mal aufgeschlossen.“
So oder so ähnlich könnte es sich anhören, was ein wissenschaftlich denkender Mensch von einem Anhänger einer Religion, Horoskopen, Homöopathie oder ähnlichem gesagt bekommt. Mal abgesehen davon, dass man Wissenschaft betreibt, gerade weil man noch lange nicht alles weiß und sich mit jeder Antwort oft doppelt so viele neue Fragen ergeben, scheint hier eine andere (mir unbegreifliche) Vorstellung von Aufgeschlossenheit vorzuliegen. 😉

Bei der wissenschaftlichen Methode passt man seine Überzeugungen den Ergebnissen, die die experimentelle Überprüfung der eigenen Theorien in der Realität zeigt, an; auch wenn das bedeutet, einzusehen, dass man vorher auf dem Holzweg war, oder man einen anderen Ausgang aus sonstigen Gründen eventuell irgendwie lieber gehabt hätte. Gerade in Wissenschaften, die in der Emergenz-Hierarchie ziemlich weit „links“ liegen (Medizin und so), ist das öfter mal der Fall, da sich die Empirie hier manchmal recht schwierig gestalten kann. Dinge wie Newtons Gravitationstheorie oder andere physikalischen Gesetze hingegen sind schon so oft überprüft worden und haben erfolgreich Anwendung in der Technik gefunden, dass es sehr extrem unwahrscheinlich ist, dass sie irgendwann widerlegt werden. Einsteins allgemeine Relativitätstheorie beispielsweise widerlegt Newton nicht, sondern erweitert ihn und zeigt, dass er ein Spezialfall eines allgemeineren Zusammenhangs ist.

„Aber früher haben auch die schlausten Leute gedacht, dass die Erde flach ist, also kann jetzt auch alles, was ihr denkt, falsch sein.“

(Mal abgesehen davon, dass die moderne Annahme, dass insbesondere die mittelalterliche Christenheit an eine Erdscheibe geglaubt habe, irrig ist:) Klar kann es das. Wir machen uns ja nur Modellvorstellungen, um unsere Beobachtungen zu erklären. Zu der Zeit, auf die sich eben bezogen wurde, gab es noch gar keine Ansprüche auf Überprüfbarkeit. Mit (moderner) Wissenschaft hätte das also nichts zu tun gehabt.

Religion, Astrologie, Alternativmedizin* usw. funktionieren wie ich das mitbekomme so, dass man zunächst an etwas glaubt, und das dann endweder gar nicht auf Wahrheit hin überprüft, Widersprüche und gescheiterte Experimente ignoriert, und wenn überhaupt nur die Fakten sieht, die einem in den Kram passen (und dabei auf Signifikanz scheißt). Für mich ist das das Gegenteil von Aufgeschlossenheit. 🙂

Also, sei doch mal aufgeschlossen dafür, dass dein Bewusstsein eventuell nichts transzendentes sein könnte, Arnica C30 dir nur durch den Placeboeffekt geholfen hat und du dein Horoskop auch auswürfeln kannst. Umgekehrt ist es die Wissenschaft ja auch. (Die meisten Chemiker würden sich forschungsmäßig sofort auf die Globuli stürzen, um herauszufinden, wie sie trotz nicht vorhandenem Wirkstoff besser funktionieren als ein genauso verabreichtes Pacebo, wenn sich im Versuch denn mal was anderes zeigen würde, als dass sie das nicht tun.) Bisher war es jedoch noch am Schluss jeder Scooby-Doo-Folge so, dass das vermeintlich übernatürliche Gespenst nach der Demaskierung seine wahre (natürliche) Herkunft gezeigt hat. 😉

Wenn du jemanden triffst, der sich zwar Wissenschaftler nennt, jedoch neuen Erkenntnissen gegenüber nicht aufgeschlossen ist, ist das kein Fehler in der wissenschaftlichen Methode, sondern einer, den dieser Mensch macht. Porsches sind ja auch nicht kacke, nur weil du ein Arschloch kennst, dass einen fährt. Don’t hate the Game. Hate the Player. ^_-

*Weißt du, wie man Alternativmedizin, von der gezeigt wurde, dass sie funktioniert, nennt? – Medizin. 🙂