Stellt dir (als Gedankenexperiment) ein Rad mit Eimern dran (links oben auf dem Whiteboard) vor. Oben rauscht fließendes Wasser runter und füllt einen Eimer, der gerade oben ist auf. In den Eimern sind Löcher, sodass sie ihr Wasser wieder langsam verlieren. Wenn die Wasserzufuhr gering ist, dreht sich das Rad kontinuierlich und periodisch. Man kann genau berechnen, in welcher Position es in 42 Jahren, 127 Tagen, 8 Stunden, 3 Minuten und 23.123 Sekunden sein wird. Die Phasenraumtrajektorie (Diagram mit Rotationswinkel auf der X-Achse und Geschwindigkeit auf der Y-Achse) sieht dann ähnlich langweilig aus wie das rechts unten auf dem Board.
Erhöht man die Wasserzufuhr jedoch genug, ergibt sich irgendwann total chaotisches Verhalten. Das Rad pendelt dreht manchmal weiter, manchmal pendelt es zurück. Das ganze ist zwar immernoch deterministisch, aber nicht mehr periodisch. Eine analytische Lösung der Differentialgleichungen kann man sich abschminken. Wenn man wissen will, in welchem Zustand das Rad an irgendeinem Zeitpunkt in der Zukunft ist, muss man Schritt für Schritt rechnen (und auch dann je nach Verfahren mehr oder weniger ungenau), was es tut.
Dazu habe ich eine: kleine Simulation in Python 3 programmiert.
Die graphische Ausgabe der Phasenraumtrajektorie sieht dann beispielsweise so aus:
oder so:
Minimale Unterschiede in den Anfangsbedingungen können entscheiden, ob das Rad in einer späteren Situation den Umlauf schafft oder zurückpendelt. In der Chaosforschung sind solche Phänomene als Schmetterlingseffekt bekannt.
Beispielsweise habe ich bei diesen Simulationsdurchlauf die Anfangsfüllhöhe der Eimer nur um ein Zehntausendstel das Wasserzuflusses pro Zeiteinheit
gegenüber diesem Durchlauf
geändert. (Dieses mal ist der Rotationswinkel des Rads gegen die Zeit aufgetragen.)
Wenn man beide Diagramme übereinander legt sieht man sehr gut, dass erst ab ca. der 14. Schwingung ein sichtbarer Unterschied auftritt, auf den dann auch schnell die Bifurkation folgt. Hier liegt in dem Fall also der tipping point.
Gemeinsam mit einem Kochtopf hat dieses System, dass es an einer Stelle (hier oben, beim Topf unten) Energie (hier potentielle Energie vom Wasser, beim Topf Wärme) aufnimmt, sich dadurch bewegt (beim Topf Konvektionsbewegungen) und diese verteilt wieder abgibt. Der Weg eines Wassermoleküls im Topf beim Kochen ist auch chaotisch.
Das Wetter benimmt sich da nicht besser. Die Sonne erhitzt gewisse Teile der Atmosphäre und es entstehen Konvektionsbewegungen (und noch vieles mehr). Auch beim Wetter können minimale Änderungen später große Auswirkungen haben. Selbst wenn der Planet mit Messstationen zugekleistert wäre, und man ein perfekt funktionierendes mathematisches Modell zur Vorhersageberechnung hätte, würden die mikroskopischsten Ungewissheiten über die Zustände, die zwischen den Stationen herrschen, mittelfristig beliebige makroskopische Auswirkungen haben können, weshalb sich einigermaßen zuverlässige Prognosen auch nur für wenige Tage im Voraus machen lassen.
Wenn sich das Wetter langfristig also nicht präzise vorhersagen lässt, dann ist das, was man da sieht, kein Mess-/Rechenfehler oder gar die Unfähigkeit der Meteorologen sondern das diesem nichtlinearen System selbst inhärente chaotische Verhalten. 🙂
Unser eigenes Leben ist trotz eventueller Planung auch nicht unbedingt wesentlich vorhersehbarer, denn aus der Chaosforschung ist nicht nur bekannt, dass ein System instabiler wird, je mehr Energie man zuführt (wie beim Wasserrad und dem Kochtopf), sondern auch je mehr Abhängigkeiten/Verknüpfungen zwischen den Elementen bestehen, und davon haben wir ja nun wirklich viele. Man könnte sich vorstellen, dass man gar nicht mit Tricking angefangen hätte wenn man vor Jahren nicht aus Langeweile einen Link zu einem Sampler in einem Kraftsportforum angeklickt hätte, oder sogar dass man mit seiner jetzigen Frau vielleicht gar nicht zusammen wäre wenn vor vielen Jahren ein Mitspieler aus der eigenen Basketballmannschaft in der Aufstiegsrunde den entscheidenden Dreier nicht versenkt hätte, und somit ihr Bruder nicht in die eigene Mannschaft gewechselt hätte, und man sie deshalb nicht kennengelernt hätte usw. 😉
(Um hier nicht der trügerischen Illusion, es gäbe soetwas wie Schicksal, das solche Dinge bestimmt, zu unterliegen, muss man nur genügend Phantasie für alternative Verläufe mitbringen. :))
das ist doch alles gar nicht wissenschaftlich, man muss befürchten ,dass du nicht gestillt wurdest.
wissenschaftlich ist nur die heilige kröte jojo die dass universum und alles andere auch geschaffen hat. wo diese kröte her kommt kann man nicht sagen sonst wäre sie ja nicht wissenschafftlich. beobachten kann man diese kröte natürlich auch.
jede nacht am himmelszelt und mit ein paar mg LSD.lässt sich also auch ganz leicht nachweisen. oder willst du etwa behaupten, dass der LSD zustand unwissenschaftlicher ist als der normale.
Hehe, n1. 😉
Wenn auch Leute, die vorher noch nie was von der Kröte gehört haben, sie auf LSD zuverlässig beobachten, wär Lysergsäurediethylamid-Konsum eventuell für die Himmelskrötologie tatsächlich notwendige Voraussetzung.
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