Rache ist ja soo selbstlos… ;)

Wenn man angeborene Verhaltensweisen oder zumindest die genetische Komponente, die gewisse kulturell (Erziehung, Peers, Erlebnisse, Umwelt allgemein) hervorrufbare Ausprägungen begünstigt, nicht dadurch versucht zu erklären, dass sie jemand in uns hineingezaubert hat, sondern dadurch, dass diese Merkmale genauso durch Mutation und Selektion entstanden sind wie körperliche Eigenschaften auch, ist man im Bereich der evolutionären Psychologie angelangt. Hier bedient man sich gern der Spieltheorie (eine mathematische Disziplin, die sonst besonders in der Betriebswirtschaftslehre benutzt wird).

Ein klassisches abstraktes (Oft hilft es, komplexe Vorgänge zu vereinfachen, damit man überhaupt eine Möglichkeit zum Verstehen hat. Das konkrete Verhalten eines einzelnen Menschens in einer bestimmten Situation lässt sich dadurch selbstverständlich nicht zuverlässig vorhersagen.) Beispiel hier ist das prisoner’s dilemma (PD). Wie es zu seinem Namen kommt, ist hier jetzt egal. Das PD steht für Situationen, in denen zwei Individuen (nennen wir sie hier mal A und B) miteinander interagieren und dabei kooperieren (C) oder defektieren (betrügen/ausnutzen/nicht kooperieren) (D) können, sich jedoch für eins von beidem entscheiden müssen bevor sie wissen, was der jeweils andere macht. Das Ausdenken von entsprechenden Beispielen sei hier dem interessierten Leser selber überlassen. 😛
Je nachdem, wie sich A und B verhalten, haben sie dadurch unterschiedliche Vorteile/Nachteile (Geld, Prestige, Nahrung etc.).
Die entsprechende payoff matrix dazu sieht dann (mit den gleichen Beispielwerten wie hier) so aus:
In grün ist links die Aktion von Spieler A und in rot oben die Aktion von Spieler B eingetragen.
Wenn beide Spieler kooperieren (C,C) bekommen beide Spieler 3 Punkte.
Wenn Spieler A kooperiert, B aber nicht (C,D), dann erhält A 0 Punkte und B 5.
Wenn Spieler A defektiert, C aber kooperiert (D,C), dann erhält A 5 Punkte und B 0.
Wenn beide Spieler defektieren, erhalten beide nur einen Punkt.
Das bedeutet, dass es für beide Spieler zusammen als Team betrachtet am besten wäre wenn beide kooperieren würden. Dann würden insgesamt 6 Punkte verteilt. Bei einer einzelnen Spielrunde ist das allerdings kein Nash-Gleichgewicht.

Was bedeutet das?
Wenn ein Spieler kooperiert wäre es aus der Sicht des anderen besser, zu defektieren. Er würde ja 5 statt 3 Punkte (die er beim kooperieren bekäme) erhalten.
Wenn ein Spieler defektiert wäre es aus der Sicht des anderen besser, auch zu defektieren. Er würde dann ja 1 statt 0 Punkte (die er beim kooperieren bekäme) erhalten. Die best response ist also immer, nicht zu kooperieren, und hier die strikt dominante Strategie.

Joa, sieht ziemlich übel aus, oder? Nicht zu kooperieren ist das beste, um für sich selbst das Beste rauszuholen. Warum tut man das also nicht, sondern kooperiert mit anderen? Ein einfacher Fall ist der, dass man mit dem anderen verwandt ist. Nach Hamilton’s rule gibt es ja ein (auch in der Natur oft zu beobachtendes) Verhalten, was man mit Augenzwinkern kurz mit „Ich würde mein Leben für zwei Brüder oder 8 Cousins opfern.“ beschreiben kann. Das ergibt sich automatisch wenn man Selektion nicht aus Sicht der Individuen sondern deren Gene betrachtet. (Geschwister haben 50% der Gene gemeinsam, Cousins 12,5%.)

Man kooperiert ja aber auch mit Nichtverwandten. Warum?
Weil die Größen der Gruppen, in denen unsere Psyche evolvierte, so klein waren, dass man auf jedes andere Individuum mehrmals traf. Nun möchte man ganz abstrakt herausfinden, welche Strategie bei wiederholtem (Wie oft ist unbekannt. Das ist wichtig. Die Erklärung dafür würde allerdings den Rahmen hier sprengen.) langfristig die erfolgreichste ist.

Dazu wurde in den 80er Jahren ein Computerturnier veranstaltet, bei dem verschiedene programmierte Strategien gegeneinander antreten mussten. Da es zu guter wissenschaftlicher Vorgehensweise gehört, Experimente zu wiederholen, um sie unabhängig zu überpfüfen (Bullshit, es hat mir einfach tierischen Spaß gemacht. :)) habe ich in Python 3 auch so ein Turnier implementiert. Den source code dazu habe ich hier hochgeladen: soonZurück zur theoretischen Ebene: Da es zwischendurch auch zu Missverständnissen (man denkt, jemand hätte nicht kooperiert, obwohl er es hat) oder zu Versehen (jemand wollte kooperieren, ist aber gescheiert, und keiner hats bemerkt) kommen kann, ist es gut, noch einen Vergebungsfaktor in seine TFT-Strategie einzubauen (Forgiving Tit For Tat – FTFT). Ohne dieses gelegentliche Vergeben würden sich zwei normale kooperierende TFT-Spieler (C,C; C,C; C,C; …) nach nur einmal Defektieren auf immer und ewig gegenseitig das D heimzahlen (C,D; D,C; C,D; D,C). Eine solche Vendetta (Blutrache) wäre natürlich für beide beteiligten von Nachteil.
Zusätzlich zum (F)TFT bietet sich die Möglichkeit, Defektoren auch noch aktiv zu bestrafen. Dabei geht man selbst das Risiko ein, verletzt zu werden. Wenn nicht ist es zumindest Aufwand, den man auch für andere Sachen (die einem selbst direkt etwas bringen) hätte einsetzen können. So gesehen ist Rache also altruistisch (uneigennützig/selbstlos).

Gruppen, in denen solche Individuen, die sich aktiv rächen, vorhanden sind, sind durch Defektoren-Bestrafung geförderde Kooperation besser dran als Gruppen ohne. Auch bei großen Gruppengrößen kann dieses Verhalten stabil sein. (Die mathematische Herleitung gibt es hier: http://www.pnas.org/content/100/6/3531)
Mittlerweile haben wir natürlich ein Rechtssystem. Selbstjustiz ist oft nicht mehr erwünscht. Mal abgesehen davon, dass sich unsere Gene nicht in einer solchen Kultur entwickelt haben und viele davon ja auch schon in anderen Primaten vorhanden sind, gibt es jetzt ja auch noch Situationen im Alltag, die natürlich nicht rechtlich erfasst sind, und in denen wir ständig (F)TFT spielen.

Nach viel Blabla haben nun also Sätze wie „Das nächste mal kann die ihren Scheiss alleine machen.“ oder „Dem Asi verpass‘ ich ’ne verdiente Schelle.“ eine gute Begründung.

Ist es nicht schön, dass Kooperation und Vergebung nicht nur einfach nette, sondern auch mathematisch herleitbar nützliche Taktiken sind? 🙂

Außerdem wären die vielen tolle Kung-Fu-Filme ziemlich langweilig wenn unsere Belohnungszentren im Gehirn nicht darauf ansprechen würden, dass der Übeltäter mit roundhouse kicks ‚was auf die Nase bekommt. 😉

Chuck-Norris-Pants

„Ich weiß hundertprozentig, dass die guten Süßkartoffeln hinten liegen.“

Immer wieder hört man Aussagen wie:
– „Die Autoindustrie weiß schon längst, wie man ein Auto baut, das nur 1L Benzin auf 100km verbraucht. Sie bringen es nur nicht auf den Markt, weil sie mit den Ölkonzernen unter einer Decke steckt.“
– „Die Reifenhersteller wissen schon ewig, wie man Reifen produziert, die sich nicht abnutzen, sie produzieren diese aber nicht, weil sie ja zukünftig weiter Reifen verkaufen wollen.“
– „Die Pharma-Industrie könnte schon seit Jahren viel bessere Medizin anbieten. Das tut sie aber nicht, weil sie will, dass wir krank werden und mehr Medizin kaufen.“
– „Man kann schon lange viel preiswertere und effizientere Solarzellen herstellen, aber die Energiekonzerne verhindern das, weil sie weiterhin teuren Strom verkaufen wollen.“
usw.

Ich versuche hier mal erst gar nicht irgendwie kompliziert mit Mechanik, Reibung, Biochemie und Thermodynamik argumentieren sondern mit ganz einfacher Betriebswirtschaftslehre und Spieltheorie. 🙂

In den genannten Marktsegmenten stehen verschiedene Firmen in Konkurrenz zueinander. Wenn eine davon Pläne für so ein Superprodukt hätte, wären die Chefs da ziemlich blöde wenn sie es nicht auch produzieren und verkaufen würden. Selbst wenn die Gesamte Industrie in dem Bereich (also alle dort miteinander konkurrierenden Firmen) nach der Vermarktung von so etwas insgesamt weniger Umsatz machen würde, wäre der Vorteil der ersten Firma, die es rausbringt, viel zu groß. Mit so einem den anderen Produkten Überlegenen könnte man fast über Nacht so extrem viel Geld verdienen und seinen Markanteil so heftig maximieren, dass die meisten anderen Firmen riesige Verluste fahren würden. (Die Latenzzeit, die die anderen bräuchten, um auch ihre Produktion und Logistik anzupassen, um ebenfalls sowas auf den Markt werfen zu können, wäre ja nicht null. Das ist auch der entscheidende Unterschied zu Preiskartellen, wie man sie sich z.B. bei Benzinpreisen vorstellen könnte.) Man selbst hätte also bis dahin schon so viel verdient, dass der Gewinn, die Quartalszahlen und der Aktienkurs der eigenen Firma komplett „off the charts“ gehen würden.

Als ob da alle Manager dauerhaft widerstehen könnten… 😉

Und selbst wenn wir annehmen, dass sich alle Vorstände aller Firmen Weltweit da abgesprochen hätten, wäre diese Strategie trotzdem keine evolutionär stabile (Sie würde invadiert werden.), denn früher oder später würden auch Entwickler, die nicht in diesem „Geheimbund“ sind, drauf kommen, wie es geht. Wenn das Produkt dann tatsächlich so eindeutig krass überlegen ist, würden sich langfristig auch irgendwann Geldgeber finden (Sie würden ja mitverdienen.) und schon käme das Produkt auf den Markt, und die eingesessenen Firmen müssten mitziehen, da sie sonst untergehen würden.

Kurzfristig kann man schonmal für ein besseres Timing eine Markteinführung verzögern. Manchmal machen bestimmt auch mal irgendwelche Chefs geistig dicht, weil sie den Entwickler, der den Vorschlag macht, nicht mögen. Bei den Industrie-Verschwörungs-Sprüchen vom Anfang gehts ja aber um Sachen, die viele Firmen seit Dekaden angeblich schon können, und das ist auf Grund der hier dargelegten Überlegungen eher unwahrscheinlich. 😉

Generell habe ich bei vielen Verschwörungstheorien (auch wenn ich natürlich nicht 100%ig ausschließen kann, dass an einigen tatsächlich etwas wahres dran ist) den Eindruck, dass sie oft aus dem Wunsch heraus entstehen, dass die Welt geplanter wäre, als sie es eigentlich ist. Wenn jemand „böses“ Schuld an allem, das doof ist, wäre, gäbe es eine Struktur, die sich eventuell ändern ließe. Tatsächlich scheint aber vieles einfach ohne zentrale Steuerung, teilweise sogar recht chaotisch, von statten zu gehen.

Emergenz und das Spiel des Lebens bzw. die Hochzeit von Reduktionismus und Holismus

Mit dem Spiel des Lebens meine ich Conway’s Game of Life (GoL), bei dem es sich um einen zweidimensionalen zellulären Automaten handelt. Stell dir einfach ein Blatt kariertes Papier vor, auf dem manche Zellen dunkel markiert (lebendig) und andere leer (tot) sind.

Bewegung kommt generationsweise ins Spiel. Die Regeln für die Berechnung des Spielfeldes in der nächsten Generation sehen wie folgt aus:
1) Wenn eine leere Zelle genau drei volle Nachbarn hat, wird sie in der Folgegeneration voll.
2) Volle Zellen mit weniger als zwei oder mehr als drei vollen Nachbarn sind in der Folgegeneration leer.
3) Alle Zellen, auf die keine der beiden Regeln zutrifft, bleiben unverändert.
Dadurch sind verschiedene statische

und auch oszillierende Objekte möglich.

Wenn man das Ganze auf einem genügend großen Spielfeld durchzieht (da es ziemlich viel Arbeit wäre, das selbst zu machen, lässt man das am Besten einen Computer für sich erledigen), kommen dabei interessante Sachen heraus. Beispielsweise gibt es Glider, die langsam über das Feld wandern.

Sowas hier (Gun)

ist auch super, weil es zeitlich animiert Glider abfeuert:

Spätestens bei solchen komplexen Gebilden wie dem Breeder
ist man an einem Punkt angelangt, den niemand von Anfang an direkt aus den Regeln hätte vorhersagen können ohne sie tatsächlich auszuprobieren/anzuwenden.
Der Breeder ist somit ein sehr gutes Beispiel für Emergenz. Seine Eigenschaften (Fortbewegung, Produktion von Guns, quadratisches Wachstum) ergeben sich zwar zwangsläufig aus den einfachen Grundregeln des Spielsystems (Wir machen ja die ganze Zeit nichts anderes als diese simplen Regeln anzuwenden.), sind aber trotzdem auf einer anderen Emergenzebene angesiedelt.

Andere Beispiele für Emergenz gibt es viele. Die Beschaffenheit und das Verhalten eines Ameisenhaufens (Schwarmintelligenz) gegenüber der Beschaffenheit und dem Verhalten einer einzelnen Ameise, Aktivitätsmuster (incl. Wille, Bewusstsein und Ego, dazu aber vielleicht ein anderes Mal mehr ^^) im Gehirn gegenüber der Anatomie einzelner Neuronen, das Verhalten von Gemeinschaften (Börse, Markt, Freundeskreis) gegenüber den Eingenschaften eines einzelnen Menschens etc.
Die Zusammensetzung von Aminosäuren (den Grundbausteinen des Lebens) aus einfachen Molekülen emergiert durch simple chemische Regeln von Abstoßung und Anziehung, ebenso die Struktur von Schneeflocken. Letztendlich ist auch die Struktur des Universums (Filamente, Voids, Galaxienhaufen usw.) aus den Regeln der Gravitation (und natürlich der Quantenmachnik, wir wollen ja nicht vergessen, dass das, was wir nächtlich am Himmel sehen vermutlich die Auswirkungen von minimalen Dichteschwankungen im ganz jungen Universum sind) emergiert. Oh, Wikipedia auch. Wenn man will kann man das Bild hier ab der Physik von rechts nach links lesen und hat aufeinander aufbauende Emergenz-Ebenen. So, nun ist es aber genug. ^_-

Aus einfachen Grundregeln einzelner Elemente können also sehr komplexe (auch selbstorganisierende) Systeme entstehen. Wenn man ein solches emergentes Verhalten beobachtet, meint man zunächst meist nicht, dass die einzelnen Komponenten und Regeln, aus denen sich alles automatisch (ganz ohne großen Bauplan) ergibt, so simpel sind, wie sie es aber nunmal manchmal sind. Bei Emergenz geht es also darum, dass das Ganze nicht nur die Summe seiner Teile ist, sondern zusätzlich aus den Beziehungen der Teile untereinander besteht, wodurch sich Phänomene zeigen, die man den einzelnen Elementen nicht zugetraut hätte.

Wer das ganze (GoL) mal selbst ausprobieren will, dem empfehle ich die Software Golly, der selbst schon viele einfache bis sehr komplexe Beispiele beiliegen. Wenn man sich mit dem Verständnis, wie das ganze funktioniert, einige Strukturen, die im GoL möglich sind, anschaut, kann die Schönheit dieser einen echt begeistern. <3

Das Titelbild habe ich erzeugt, indem ich das Bild meiner Webcam binarisiert habe, und den Algorithmus darauf angewendet habe. Mein Programm in Python 2 mit OpenCV dazu gibts hier.
Umgesetzt sind die Regeln in dieser Version mittels einer Faltungsoperation, wie man sie auch sonst in der Bildverarbeitung benutzt.

Das GoL ist übrigens genau wie das Lorenzsche Wasserrad (siehe von Wasserrädern, Kochtöpfen und Wettervorhersagen) ein nicht-lineares System, bei dem kleine Änderungen (Man invertiert z.B. nur eine Zelle beim Breeder.) das ganze Verhalten im Großen (Z.B. der Breeder breedet nicht mehr. ;)) bewirken können.

von Wasserrädern, Kochtöpfen und Wettervorhersagen

Stellt dir (als Gedankenexperiment) ein Rad mit Eimern dran (links oben auf dem Whiteboard) vor. Oben rauscht fließendes Wasser runter und füllt einen Eimer, der gerade oben ist auf. In den Eimern sind Löcher, sodass sie ihr Wasser wieder langsam verlieren. Wenn die Wasserzufuhr gering ist, dreht sich das Rad kontinuierlich und periodisch. Man kann genau berechnen, in welcher Position es in 42 Jahren, 127 Tagen, 8 Stunden, 3 Minuten und 23.123 Sekunden sein wird. Die Phasenraumtrajektorie (Diagram mit Rotationswinkel auf der X-Achse und Geschwindigkeit auf der Y-Achse) sieht dann ähnlich langweilig aus wie das rechts unten auf dem Board.

Erhöht man die Wasserzufuhr jedoch genug, ergibt sich irgendwann total chaotisches Verhalten. Das Rad pendelt dreht manchmal weiter, manchmal pendelt es zurück. Das ganze ist zwar immernoch deterministisch, aber nicht mehr periodisch. Eine analytische Lösung der Differentialgleichungen kann man sich abschminken. Wenn man wissen will, in welchem Zustand das Rad an irgendeinem Zeitpunkt in der Zukunft ist, muss man Schritt für Schritt rechnen (und auch dann je nach Verfahren mehr oder weniger ungenau), was es tut.

Dazu habe ich eine: kleine Simulation in Python 3 programmiert.
Die graphische Ausgabe der Phasenraumtrajektorie sieht dann beispielsweise so aus:
oder so:

Minimale Unterschiede in den Anfangsbedingungen können entscheiden, ob das Rad in einer späteren Situation den Umlauf schafft oder zurückpendelt. In der Chaosforschung sind solche Phänomene als Schmetterlingseffekt bekannt.

Beispielsweise habe ich bei diesen Simulationsdurchlauf die Anfangsfüllhöhe der Eimer nur um ein Zehntausendstel das Wasserzuflusses pro Zeiteinheit

gegenüber diesem Durchlauf
geändert. (Dieses mal ist der Rotationswinkel des Rads gegen die Zeit aufgetragen.)

Wenn man beide Diagramme übereinander legt sieht man sehr gut, dass erst ab ca. der 14. Schwingung ein sichtbarer Unterschied auftritt, auf den dann auch schnell die Bifurkation folgt. Hier liegt in dem Fall also der tipping point.
Gemeinsam mit einem Kochtopf hat dieses System, dass es an einer Stelle (hier oben, beim Topf unten) Energie (hier potentielle Energie vom Wasser, beim Topf Wärme) aufnimmt, sich dadurch bewegt (beim Topf Konvektionsbewegungen) und diese verteilt wieder abgibt. Der Weg eines Wassermoleküls im Topf beim Kochen ist auch chaotisch.

Das Wetter benimmt sich da nicht besser. Die Sonne erhitzt gewisse Teile der Atmosphäre und es entstehen Konvektionsbewegungen (und noch vieles mehr). Auch beim Wetter können minimale Änderungen später große Auswirkungen haben. Selbst wenn der Planet mit Messstationen zugekleistert wäre, und man ein perfekt funktionierendes mathematisches Modell zur Vorhersageberechnung hätte, würden die mikroskopischsten Ungewissheiten über die Zustände, die zwischen den Stationen herrschen, mittelfristig beliebige makroskopische Auswirkungen haben können, weshalb sich einigermaßen zuverlässige Prognosen auch nur für wenige Tage im Voraus machen lassen.

Wenn sich das Wetter langfristig also nicht präzise vorhersagen lässt, dann ist das, was man da sieht, kein Mess-/Rechenfehler oder gar die Unfähigkeit der Meteorologen sondern das diesem nichtlinearen System selbst inhärente chaotische Verhalten. 🙂

Unser eigenes Leben ist trotz eventueller Planung auch nicht unbedingt wesentlich vorhersehbarer, denn aus der Chaosforschung ist nicht nur bekannt, dass ein System instabiler wird, je mehr Energie man zuführt (wie beim Wasserrad und dem Kochtopf), sondern auch je mehr Abhängigkeiten/Verknüpfungen zwischen den Elementen bestehen, und davon haben wir ja nun wirklich viele. Man könnte sich vorstellen, dass man gar nicht mit Tricking angefangen hätte wenn man vor Jahren nicht aus Langeweile einen Link zu einem Sampler in einem Kraftsportforum angeklickt hätte, oder sogar dass man mit seiner jetzigen Frau vielleicht gar nicht zusammen wäre wenn vor vielen Jahren ein Mitspieler aus der eigenen Basketballmannschaft in der Aufstiegsrunde den entscheidenden Dreier nicht versenkt hätte, und somit ihr Bruder nicht in die eigene Mannschaft gewechselt hätte, und man sie deshalb nicht kennengelernt hätte usw. 😉

(Um hier nicht der trügerischen Illusion, es gäbe soetwas wie Schicksal, das solche Dinge bestimmt, zu unterliegen, muss man nur genügend Phantasie für alternative Verläufe mitbringen. :))

Epistemologie, Esoterik und Theismus

Da man erkenntnistheoretische Grundlagen wunderbar anhand von provokanten Beispielen erklären kann, tu ich nun doch einfach mal. 🙂

Theorien sind Aussagen über die Wirklichkeit. Manche davon sind wissenschaftlich, andere nicht. Bei dieser Unterscheidung geht es gar nicht darum, ob so eine Aussage wahr ist oder nicht, sondern darum, ob man überhaupt herausfinden kann, ob sie wahr ist oder nicht.

Wenn ich z.B. sage, dass in meinem Flur ein rosa Einhorn steht, dann ist das eine wissenschaftliche Theorie.
Du kannst hingehen und nachschauen. Wenn da nichts ist, war meine Aussage falsch. Wenn da ein Einhorn rumsteht, kannst du es angucken, streicheln, füttern, reiten und alles mögliche machen, um sicherzustellen, dass es wirklich ein Einhorn ist. Diese Überprüfung kann dann von jedem wiederholt werden. Dann ist man sich einig. „Ja, da steht ein rosa Einhorn in Tobias‘ Flur. Die Theorie ist wahr.“ oder „Nein, da ist nichts. Tobias‘ Theorie ist falsch.“
Dass eine Aussage (Theorie) durch Nachprüfen (Experiment) widerlegt werden könnte, nennt man empirische Falsifizierbarkeit.
Dazu kommt, dass ein Experiment zuverlässig von den unterschiedlichsten Versuchsleitern (in dem Fall bist du das, weil du hingehst und nachguckst) bestätigt werden können muss (Reproduzierbarkeit).

Wenn meine Aussage allerdings „In meinem Flur steht ein unsichtbares rosa Einhorn, das normalerweise nur mit mir redet, ansonsten aber nicht in die physikalische Welt eingreift.“ lautet, dann ist das eine unwissenschaftliche Theorie, weil sie durch kein Experiment widerlegt werden kann.
Wenn du hingehst, nachguckst, und nichts findest, bestätigt das meine Theorie nur; das Einhorn ist ja unsichtbar. 😛
Wenn du dir selbst sehr wünschst, dass es Einhörner gibt, und du  hingehst, nachguckst, und dann meinst, irgendwas vierbeiniges stehen zu sehen, bestätigt das meine Theorie ebenfalls.
Das ist dann allerdings nicht wissenschaftlich, denn egal wie das Nachgucken ausgeht, die Theorie „stimmt“ immer, weil sie so formuliert ist, dass sie prinzipiell gar nicht widerlegt (falsifiziert) werden kann.

Dass die erste Theorie (falsifizierbar) nützlich ist und die zweite (nicht falsifizierbar) eher weniger, leuchtet vermutlich ein.

Was hat das mit Gott zu tun?

BluePillRedPillDie eigentliche Gottes-Hypothese wäre wissenschaftlich. Sie könnte ungefähr folgende Aussagen machen:
1) Gott ist logisch für den Ursprung der Welt notwendig.
2) Gott hat das Leben erschaffen.
3) Die Bibel ist das Wort Gottes.
4) Gott erhört unsere Gebete und greift dementsprechend in den Verlauf der Welt ein.
5) Unsere Moral kommt von Gott.
6) Gute/Gläubige Menschen kommen in den Himmel, schlechte/ungläubige in die Hölle.
7) Da Punkt 6 mittlerweile für viele so nicht mehr zu gelten scheint, hier noch eine andere Variante: Menschen haben (unsterbliche) Seelen.

PrayerSo, also mal ran an die wissenschaftlichen Aussagen.
1) Wo soll das Universum herkommen, wenn nicht von Gott?
Gott als Antwort für das Ursprungsproblem löst es nicht, sondern verschiebt die Frage „Wo kommt das Universum her?“ nur nach „Wo kommt Gott her?“. Die verteidiger dieser der Gottestheorie sagen dann „Gott war halt schon immer da, lässt sich logisch nicht erfassen.“. Die Auflösung des Münchhausen-Trilemmas durch so ein Dogma ist leider nicht besser als unsichtbare einhörner.
2) Wir wissen mittlerweile, wie das mit der Evolution so grob funktioniert. Selbst wenn nicht, wäre die Aussage, dass Gott es war, allerdings auch nicht überprüfbar, oder bietet die Aussage „Gott hat das Leben geschaffen.“ irgendein Experiment an, mit der man sie widerlegen könnte? Mir zumindest ist keins bekannt.
3) Dass dies nicht so ist, und wie die Bibel entstanden ist, wissen wir mitlerweile. Ausserdem gibt es in der Bibel viel zu viele Widersprüche, als dass sie die direkten Gedanken eines perfekten Schöpfers sein könnten.
Hier sind nur ein paar in spaßiger Form aufgezählt: http://www.youtube.com/watch?v=RB3g6mXLEKk
4) Es wurde eine umfangreiche Studie durchgeführt, die untersucht hat, wie sich Krankheitsverläufe durch Beten beeinflussen lassen. Patienten in Krankenhäusern wurden in Gruppen eingeteilt. Für einen Teil wurde in Kirchen bei Gottesdiensten gebetet, für andere nicht. Die Pfarrer haben gerne mitgemacht, weil sie ja von der Effektivität überzeugt waren. Im Endeffekt kam dabei raus, dass die Kranken, für die gebetet wurde, im Schnitt nicht länger gelebt haben oder eher geheilt wurden als die, für die nicht gebetet wurde. Die Gottestheoretiker sagten dazu dann „Gott lässt sich halt nicht prüfen.“, womit dieser Punkt dann auch in die unwissenschaftliche Kategorie verschoben wurde.
5) In der Bibel, besonders in den 10 Geboten, stehen Sachen, an die wir uns meist halten. Dass im Kontext dazu steht, dass sich das nur aus Leute des eigenen Stammes bezieht, lassen wir mal ausser Acht. In der Bibel steht aber auch, dass man Leute, die Sonntags Holz sammeln, steinigen soll und all sowas. Daran halten wir uns aber nicht. Daraus folgt, dass wir unsere Moral nicht aus der Bibel beziehen, sondern uns aus diesem Buch höchstens die Dinge raussuchen, die zu unserer Moral passen, womit die Bibel als Grundlage überflüssig ist, weil wir ja offensichtlich ohne sie entscheiden, was wir für richtig und was für falsch halten (siehe: „You say… God says…„)
6) Überprüfbar ist auch hier wieder nichts. Aber mal angenommen es wäre tatsächlich so, dass irgendein Gott die Leute, die an ihn glauben, belohnt und die anderen bestraft. Könnte ja sein, glauben kostet nix, also glauben wir mal lieber zur Sicherheit (Pascalsche Wette), weil wenn wir mit unserem Unglauben falsch lägen, wäre das ja doof.
Richard Dawkins hat darauf mal gut geantwortet: http://www.youtube.com/watch?v=6mmskXXetcg In Kurz:
Quintessenz: Klar könnten Atheisten falsch liegen. Christen könnten falsch liegen und Moslems könnten recht haben. Es könnten beide falsch liegen und die Griechen könnten mit Zeus, Poseidon und co. richtig gelegen haben. Die Germanen hätten mit Odin, Thor usw. recht haben können. Dann würden alle anderen in irgendwas höllenmäßiges kommen. Nur weil man zufällig in einer Umgebung geboren wurde, in der gerade eine von vielen Religionen verbreitet war, macht das diese eine nicht richtiger.
Wenn Gott nicht nach gläubig/ungläubig im Jenseits richtet, sondern nach „gut“ und „böse“ (was auch immer das sein soll), muss man nicht glauben. Dann gings auch so gut, wenn man keinen Mist baut.
Aber auch diese Aussage könnte kein Bisschen durch irgendeinen Versuch widerlegt werden, und ist damit unwissenschaftlich.
7) Die Unsterblichkeit und nichtmal die Existenz von soetwas wie einer Seele kann irgendwie überprüft werden. Damit ist auch dieser Hoëcker raus. 😉

Im Endeffekt bleiben von Gott also nur Widersprüche bzw. Aussagen, die nicht falsifiziert werden können, übrig, womit Gott kein Stück wahrer ist als unsichtbare rosa Einhörner.

Das alles sagt natürlich nichts darüber aus, warum Menschen religiös sind oder werden oder ob es für den Einzelnen oder für die Gesellschaft nützlich ist, religiös zu sein (oder ob das Denkmuster des blinden Glaubens eher gefährlich werden kann, weil es sich auf andere Bereiche ausweiten kann). Es geht nur um den Wahrheitsgehalt der eigentlichen Aussagen, die von Religionen (hier im Beispiel vom Christentum) getroffen werden.

Eine logische Folge des beschriebenen Vorgehens ist, dass sich Nichtexistenzen grundsätzlich nie beweisen lassen. Derjenige, der die Existenz von etwas postuliert, steht in der Beweispflicht, bzw. in der Pflicht, eine Möglichkeit zur überprüfung anzubieten.
Es ist also nicht die Aufgabe von Atheisten, die Nichtexistenz Gottes zu beweisen. Das ist nämlich nicht möglich. Die Nichtexistenz meines unsichtbaren rosa Einhorns lässt sich ja ebenfalls nicht beweisen.
Echte Beweise gibt es eh nur in Strukturwissenschaften, also welchen, in denen man logische Implikationen, die sich aus vorher festgelegten Axiomen ergeben, untersucht (Mathematik usw.). In Naturwissenschaften, in denen man sich jedoch bewegt, wenn man etwas über die Realität ausagen will, geht es nur um hohe Wahrscheinlichkeiten, dass etwas wahr ist. Diese kommen dadurch zustande, dass die zu untersuchende Theorie präzise Vorhersagen, die oft überprüft und dabei nicht widerlegt wurden, macht. Ergebnisse von Experimenten, die eine eine Theorie in dieser Weise „bestätigen“ nennt man im Englischen „evidence“. Im Deutschen ist mir leider kein passendes Wort dafür bekannt. „Hinweis“ („hint“) ist zu schwach und „Beweis“ (proof) zu stark.

Ghostbusters_logoWenn man jeder Aussage logische Konsistens, Falsifizierbarkeit und bereits versuchte und gescheiterte Widerlegung abverlangt, ist man auch ziemlich schnell befreit von anderen Vorstellungen, wie z.B. Gespenstern, dem Funktionieren von Horoskopen, anderen Wahrsagereien, Karma und allem anderen möglichen esoterischen Ballast, denn all diese Theorien sind entweder bei der Überprüfung gescheiert oder lassen sich erst gar nicht überprüfen.
Im ersten Fall sind sie einfach falsch. Im zweiten Fall sind sie wertlos, um zu Erkenntnis über die Wirklichkeit zu gelagen.

Die Aussage „Atheismus ist auch eine Form von Glauben.“, die manchmal gern trotzig getroffen wird, ist übrigens nicht korrekt. Atheismus ist so sehr eine Form von Glauben wie Glatze eine Haarfarbe ist. „Ich glaube nicht, dass es einen Gott gibt.“ ist etwas anderes als „Ich glaube, dass es keinen Gott.“, denn nur zweites wäre ein Art Glauben. Wer drauf besteht, kann das erste auch strengen Agnostizismus nennen, aber über mein unsichtbares rosa Einhorn sagt ja auch kaum jemand „Kann sein, keine Ahnung.“ sondern eher „Pff, nö.“. Man ist halt so sehr Atheist wie auch Aeinhornist. 😉

Außerdem würden sich die meisten Atheisten (zumindest die, die ich kenne) bei entsprechender empirischer Beweislage schnell überzeugen lassen. Umgekehrt ist das jedoch eher selten der Fall, denn sonst würden die meisten Gläubigen, die sich damit ernsthaft beschäftigen, ja bald aufhören, zu glauben. (Da wird dann sogar trotzdem versucht, logisch zu argumentieren, was auf der Basis aber kaum möglich ist. Wenns um andere religiöse Kulte geht, funktionierts dann aber doch wieder. ^^) Und wenn er doch eintritt, ist das meist ein langwieriger und anstrengender Prozess. Immerhin muss man oft viele Jahre der Indoktrination hinter sich lassen. Und mit Glauben an ewiges Leben, absoluten Sinn im Universum und einem mit übernatürlichen Kräften, der immer auf einen aufpasst, ist es ja auch irgendwie gemütlicher. Vielleicht hilfts ja, dran zu denken, dass Gemeinschaft, Rituale und Wohltätigkeit, Liebe, Kunst, Musik und ganz viele andere nette Dinge wunderbar auch ohne Religion funktionieren. 😉

fingers_love

Willensfreiheit

Immer wieder wird irgendwo über Willensfreiheit rumdiskutiert, und ich habe den Eindruck, dass da oft aneinander vorbeigeredet wird.
Natürlich kann ich tun, was ich will. Ich kann auch denken, was ich will. Aber wie soll ich denn wollen können, was ich will? Im besten Fall landet man da doch in einer unendlichen Rekursion. (Will ich, dass ich will, dass ich will, dass ich etwas will…? ^_-)
Und was soll man sich sonst darunter vorstellen als zu wollen, was man will?

Man muss natürlich zwischen Handlungsfreiheit und Willensfreiheit unterscheiden.
Die Frage an sich (genau wie das Benutzen der Ergebnisse des Libet-Experiments und co.) finde ich deshalb schon etwas seltsam. Ganz egal, ob man Fan von Determinismus ist oder nicht, selbst wenn man an eine von den Naturgesetzen losgelöste Seele (wtf ^^) glaubt, die den Körper bewohnt, gibt es Ungereimtheiten, wenn man nicht einsehen will, dass der „freier Wille“ eine Illusion ist.

Naturalistisch: Wille, wie Bewusstsein usw., sind die Vorgänge der Repräsentation von Informationen, die an den Verknüpfungen der Zellen in unserem Gehirn und ihren elektrischen Ladungen hängen. Information ist Matrie in Formation. Materie unterliegt kausalen Naturgesetzen. Wille ist ein emergentes (Epi-?)Phänomen davon.
Naturalistisch, deterministisch: Wenn man jeden Zustand jedes Teilchens kennen würde (Mensch, Werner!), wäre alles spätere berechenbar und stünde somit schon fest.
Naturalistisch, indeterministisch: In den Naturgesetzen ist ein gewisser reiner Zufall drin. Damit wär unser Wille halt auch mit einem Zufallsfaktor behaftet und hätte soviel Freiheit wie ein Würfel.

Dualistisch: Die/der (wie auch immer geartete) Seele/Geist, die/der an keine Naturgesetze gebunden ist, entscheidet, was sie/er will, also was ich als Person will. Klasse. Entweder macht sie das auf Grund unseres Charakters (und damit unseren Erfahrungen) und der jeweiligen Situation, dann ist der Wille kausal (wenn auch nicht naturgesetzlich-kausal) und somit nicht frei. Oder sie macht das ohne irgendwelche Ursachen, womit das ganze komplett zufällig wäre (Zwischenstufen darfst du dir selbst ausdenken.;)). Der Wille wäre dann ein jenseitiger Würfel.

Wenn man „Willensfreiheit“ nicht irgendwie ziemlich umdefiniert, funktioniert die Vorstellung also eigentlich nicht. Es kommt einem zwar so vor als ob der eigene Wille frei sei, aber nur weil einem immer nur ein sehr kleiner Teil der Denkvorgänge bewusst ist, nämlich die oberen Emergenzebenen. Der „Hardware„, auf der diese entstehen, sieht man die Kausalität leichter an. Diese werkelt so vor sich hin, und irgendwann fällt einem dann halt so ein fast fertiger Wille ins Bewusstsein. Man hat keine Ahnung, wo er herkommt (weil man die zur Entstehung führenden Prozesse nicht mitbekommt), und meint dann, dass das frei (was auch immer das heißen soll) entstanden sei. Wie sollte man auch in der Lage sein, alle Vorgänge im eigenen Gehirn mit dem eigenen Gehirn zu erfassen? Ein C64 kann auch schlecht einen vollwertigen C64-Emulator in Echtzeit laufen lassen. 😉

MatrixVermutlich ist es schon nicht verkehrt, dass unsere Gesetze  weiterhin so aufgebaut sind als gäbe es so etwas ähnliches wie Willensfreiheit (auf der psychischen Emergenz-Ebene wirkt es ja auch so), aber wenn man gedanklich damit abgeschlossen hat, bestraft man eventuell nicht mehr aus Rache oder Hass, sondern nur aus Notwendigkeit, damit die Gesellschaft besser (im Sinne von mehr Wohl, weniger Wehe) funktioniert. „Gut“ und „Böse“ sind so nichts weiter als leere Worthülsen. (Ein Stein, der einen Berg runterrollt, und dabei jemandem schadet, ist ja auch nicht „böse“.) „Schuld“ ist dann lediglich ein gedankliches Werkzeug, um auszudrücken, ob Taten von jemandem seine Einstellung zu seinen Opfern, den Gesetzen, oder was auch immer widerspiegeln. Auch wenn der Wille nicht frei ist, bleibt er ein entscheidenes Kriterium. Wenn man Schaden anrichtet, weil man es wollte, ist das also etwas anderes als ein Versehen oder wenn man dazu gezwungen wurde.
Das in Einzelfällen festzustellen wird natürlich weiterhin ein komplexes Thema der (Selbst-)Justiz bleiben.

Nette Nebeneffekte sind ebenfalls, dass man sich nicht mehr für vergangenes schämen braucht, auf nichts mehr übertrieben stolz zu sein hat, weniger Hass (obwohl evolutionärpsychologisch kein sinnloses Konzept, aber manchmal hat man vielleicht einfach keinen Bock mehr drauf) empfinden muss, und es leichter Fällt, Emotionen, auf die man keine Lust hat, auszuweichen, und die, die man haben möchte, zu genießen.
Es hat von der Praxis her fast etwas buddhistisches.
Also, befreie dich doch ruhig von der Vorstellung der Willensfreiheit, zumindest wenn du das denn auch willst.;)

freedomFalls du nicht willst, frag dich mal, wovon du frei sein willst? Von Kausalität oder Zufall? Willst du eine Wirkung ohne Ursache sein wie Aristoteles‘ Gott? Falls dir noch eine andere Möglichkeit einfällt, würd‘ ich mich freuen wenn du sie mir verrätst. 🙂

Feministinnen und wie sie entstehen…

…könnten. 😉
Mir ist beim Chatten eine eventuelle Möglichkeit, wie eine Frau zum Feminismus* kommen könnte, eingefallen: Setzen wir mal rein hypothetisch den (selbstverständlich vollkommen unmöglichen ;)) Fall voraus, dass das mit dem blank slate** nichts ist und es tatsächlich verhaltensbiologische Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt. Größtenteils könnte sich sowas evolutionär durch das verschiedene parental investment***, und dem daraus entstehenden sexuellen Dimorphismus entwickelt haben. Durch normale Streuung gibt es natürlich auch Individuen, deren Denkmuster nicht ihrem genderspezifischen Durchschnitt entsprechen. (Wie sehr in diesen Einzelfällen nun Veranlagung, pränatale hormonelle Umgebung und sonstige Faktoren eine Rolle spielen, ist hier nicht so relevant.) Diese Menschen werden trotzdem mit den auf dem Mittel basierenden gesellschaftlichen Normen konfrontiert. Das stört sie dann, weil die nicht zu ihnen passen. Dazu glauben sie unter Umständen, dass alle ihres Geschlechts (in dem Fall Frauen) eigentlich wie sie (nicht klischeeweiblich) denken. Dass die Gesellschaft nicht dementsprechend aussieht, kann für sie also nur daran liegen, dass die anderen Frauen da irgendwie benachteiligt und in ihre Rolle reinerzogen werden. Deshalb müssen sie etwas dagegen tun und überkompensieren dann teilweise recht ordentlich.Das Problem könnte also auf dem auch von anderen (Hochbegabte, sehr intuitiv denkende, sehr gefühlsbetonte usw.) gemachtem Fehler, dass alle so seien wie man selbst, basieren.

*Mit Feminismus meine ich hier natürlich nicht eine selbstverständlich vernünftige Form von Gleichberechtigung etc. sondern Albernheiten in der Art von „In allen noch so unterschiedlichen Berufen muss es eigentlich gleich viele Frauen und Männer geben. Dass dies nicht so ist, liegt an irgendeiner Art Unterdrückung.“. Dass Unterschiede vorhanden sind, bedeutet nicht, dass ein Geschlecht insgesamt besser oder schlechter ist, nur weil es einzelne „Disziplinen“ gibt, in denen sich das so niederschlagen kann.

**Blank slate/tabula rasa steht für die Ansicht, dass der Mensch als unbeschriebenes Blatt geboren wird und alles Verhalten anerzogen wird bzw. durch Umwelteinflüsse bei ihm entsteht. Da Verhaltensmerkmale jedoch genau wie körperliche evolutionär gewachsen sind, gibt es auch eine genetische Komponente dabei. Diese kann man sehr schön z.B. mit Studien über (durch Adoption usw.) bei der Geburt getrennten Zwillingen nachweisen. Dass es sich dabei nicht nur um Einflüsse vor der Geburt (Nährstoffversorgung, Hormone etc.) handelt, lässt sich am Vergleich von monoamnioten mit diamnioten Zwillingen verifizieren.

Chimpanzee Mother Nurturing Baby***Parental investment steht für den Aufwand, den Eltern in ihre Nachkommen stecken. Körperlich ist der bei Säugetieren (durch Schwangerschaft und Stillzeit) bei Weibchen zunächst schonmal höher. Dazu kommt, dass Männchen theoretisch jeden Tag neue Nachkommen zeugen können, Weibchen hingegen nicht. Deshalb sind Weibchen im Durchschnitt auch anspruchsvoller bei der Wahl von Sexualpartnern, weil eben das die beste Strategie ist, um viele Kopien seiner Gene weiterzugeben, weswegen sich die Gene durchsetzen, die eben solches Verhalten begünstigen. Vorallem vom parental investment entwickeln sich zwei Muster, nach dem man eine Verhaltensdimension einrichten kann. Am einen Ende des Spektrums sind „tournament species“, am anderen „pair bound species“. TS zeichnen sich tendentiell dadurch aus, dass weniger Männchen mehr Weibchen befruchten, wodurch der Konkurrenzkampf unter den Männchen höher ist. Körperlich sind hier die Männchen meist wesentlich größer und stärker als die Weibchen. (Es gibt auch einige wenige Spezies, bei denen das PA der Männchen höher ist, Seepferdchen beispielsweise.) Die Weibchen legen hier bei der Partnerwahl vorallem darauf wert, dass der Nachwuchs des Männchens sich im Konkurrenzkampf wieder gut durchsetzen wird, und es viele Enkel geben wird (Sexy son hypothesis). Bei PBS hingegen ist der körperliche Unterschied meist zwischen den Geschlechtern eher weniger ausgeprägt, die Tiere leben öfter in Monogamen Beziehungen, und Weibchen beeindruckt mann hier nicht so sehr dadurch, dass man anderen Männchen umhaut, sondern dadurch, dass man zeigt, dass man das mit der Brutpflege drauf hat. Viele Vogelarten kann man zu den PBS zählen. Hier werben die Männchen oft mit Nestbau-Skills um die Weibchen.
(Nur nochmal zur Erinnerung: Diese Vorgänge sind alle nicht bewusst geplant, sondern werden von den Genen, die sich auf der Grund des Fortpflanzungsvorteils durchgesetzt haben, begünstigt.)
Wir Menschen liegen biologisch übrigens irgendwo zwischen TS und PBS. 🙂

Chaos Theory by Conspiracy

Immernoch meine liebste 64k intro*.


Download: http://www.pouet.net/prod.php?which=25774
Video: http://www.youtube.com/watch?v=MAnhcUNHRW0

*Bei 64k intros der demoscene (mehr solches Zeug gibt’s übrigens zum Beispiel hier.) geht es darum, ein Stück Software zu entwickeln, dessen Größe im kompilierten Zustand insgesamt unterhalb der im Namen genannten Grenze bleibt. (64k sind ungefähr soviel wie 4 Sekunden einer MP3.) Das Programm soll in Echtzeit eine hübsche Animation mit Musik berechnen und anzeigen. Chaos Theory ist in diesem Sinne ein mich doll beeindruckendes Kunstwerk.