Dogmen, Vernunft und Abrissbirnen

oder: „Warum die Vernunft Selbstmord begehen musste.

Prämoderne, Morderne und Postmoderne sind Begriffe mit denen man verschiedene Denkweisen oder philosophische Phasen bezeichnen kann.

Unter der Prämordernen kann man sich gut die Zeit des Mittelalters vorstellen. Das, was damals als Wissen oder Wahrheit galt und die Moral bestimmte, waren größtenteils überlieferte Dogmen, meist religiöser Art. In der Bibel steht’s, also machen wir das auch so, weil Gott es ja selbst gesagt hat, und wer Schwimmen kann ist eine Hexe. 😉

Dann wurde es irgendwann nach der Renaissance immer aufklärerischer. Immanuel Kant (einer der bedeutendsten Philosophen dieses Zeitalters) beschrieb es passend mit „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.“. Im Prinzip geht es darum, dass sich alle überlieferten Dogmen einer logischen und empirischen Überprüfung zu unterziehen haben, und verworfen werden müssen, wenn sie diese nicht bestehen. Hier liegen die Wurzeln der modernen wissenschaftlichen Methode, der Demokratie und des technischen Fortschritts. Es wird davon ausgegangen, dass es eine objektive Wahrheit gibt, und man sich ihr mit dem Verstand annähern kann.

Bald hat die Vernunft dann jedoch bemerkt, dass es ebenfalls ein Dogma ist, wenn man sagt, dass alles mit Logik erkannt werden kann. Da Dogmen ja aber unerwünscht sind, musste sich die Vernunft hier selbst in die Schranken weisen.

Dazu kamen dann Leute wie Friedrich Nietzsche, die gezeigt haben, dass auch moralische Standards ziemlich beliebig sind, und fast alles, das irgendwann und irgendwo mal als „gut“ galt in einer anderen Kultur mal als „böse“ angesehen wurde. Selbst logisch aufgebaute Ethik basiert auf Grundannahmen, deren absolute Richtigkeit nicht bewiesen oder überprüft werden kann. Das trifft auf die Grundrechte, die wir jedem Menschen im Liberalismus oder im Humanismus zusprechen, ebenso zu wie auf die Forderung das Gesamtwohl zu maximieren und das Gesamtleid zu minimieren, wie sie der Utilitarismus (aus dem man übrigens gut den Sozialismus herleiten kann) stellt. Alles wird letztendlich zur Geschmackssache, auch die Frage, ob es OK ist, jemanden umzuboxen, einfach weil ich es kann und gerade Lust dazu habe.

Ob die Logik (und damit die Mathematik) nun absolute Wahrheiten sind, die unserem Universum inhärent sind, und wir sie nur entdeckt haben (Moderne), oder ob es Erfindungen von uns sind (Postmoderne), lässt sich nicht so einfach beantworten.

In der Naturwissenschaft arbeitet man mangels Alternativen trotzdem mit Logik und Empirie weiter, was bisher ja auch echt gut funktioniert.

Für die Moral ist das Dilemma zunächst größer. Allerdings funktioniert es so, dass man sich auf Grundregeln, die zu der evolutionär gewachsenen Intuition passen, einigt, doch ganz passabel. Das Grundgesetz wär‘ so ein Fall. (Die gefühlte Antwort auf das Trolley-Problem ist hier beispielsweise gut erfasst.) Es sollte erstmal recht stabil stehen, nur ist es nicht vollkommen ausgeschlossen, dass man daran irgendwann doch mal wieder was ändert, wenn man merkt, dass es besser geht, und man sich halbwegs einig ist, was „besser“ überhaupt bedeutet. 😉

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2 Gedanken zu „Dogmen, Vernunft und Abrissbirnen

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