Aufgeschlossenheit

„Sei doch nicht so engstirnig. Es gibt viele Dinge zwischen Himmel und Erde, die du nicht verstehst. Sei denen gegenüber doch mal aufgeschlossen.“
So oder so ähnlich könnte es sich anhören, was ein wissenschaftlich denkender Mensch von einem Anhänger einer Religion, Horoskopen, Homöopathie oder ähnlichem gesagt bekommt. Mal abgesehen davon, dass man Wissenschaft betreibt, gerade weil man noch lange nicht alles weiß und sich mit jeder Antwort oft doppelt so viele neue Fragen ergeben, scheint hier eine andere (mir unbegreifliche) Vorstellung von Aufgeschlossenheit vorzuliegen. 😉

Bei der wissenschaftlichen Methode passt man seine Überzeugungen den Ergebnissen, die die experimentelle Überprüfung der eigenen Theorien in der Realität zeigt, an; auch wenn das bedeutet, einzusehen, dass man vorher auf dem Holzweg war, oder man einen anderen Ausgang aus sonstigen Gründen eventuell irgendwie lieber gehabt hätte. Gerade in Wissenschaften, die in der Emergenz-Hierarchie ziemlich weit „links“ liegen (Medizin und so), ist das öfter mal der Fall, da sich die Empirie hier manchmal recht schwierig gestalten kann. Dinge wie Newtons Gravitationstheorie oder andere physikalischen Gesetze hingegen sind schon so oft überprüft worden und haben erfolgreich Anwendung in der Technik gefunden, dass es sehr extrem unwahrscheinlich ist, dass sie irgendwann widerlegt werden. Einsteins allgemeine Relativitätstheorie beispielsweise widerlegt Newton nicht, sondern erweitert ihn und zeigt, dass er ein Spezialfall eines allgemeineren Zusammenhangs ist.

„Aber früher haben auch die schlausten Leute gedacht, dass die Erde flach ist, also kann jetzt auch alles, was ihr denkt, falsch sein.“

(Mal abgesehen davon, dass die moderne Annahme, dass insbesondere die mittelalterliche Christenheit an eine Erdscheibe geglaubt habe, irrig ist:) Klar kann es das. Wir machen uns ja nur Modellvorstellungen, um unsere Beobachtungen zu erklären. Zu der Zeit, auf die sich eben bezogen wurde, gab es noch gar keine Ansprüche auf Überprüfbarkeit. Mit (moderner) Wissenschaft hätte das also nichts zu tun gehabt.

Religion, Astrologie, Alternativmedizin* usw. funktionieren wie ich das mitbekomme so, dass man zunächst an etwas glaubt, und das dann endweder gar nicht auf Wahrheit hin überprüft, Widersprüche und gescheiterte Experimente ignoriert, und wenn überhaupt nur die Fakten sieht, die einem in den Kram passen (und dabei auf Signifikanz scheißt). Für mich ist das das Gegenteil von Aufgeschlossenheit. 🙂

Also, sei doch mal aufgeschlossen dafür, dass dein Bewusstsein eventuell nichts transzendentes sein könnte, Arnica C30 dir nur durch den Placeboeffekt geholfen hat und du dein Horoskop auch auswürfeln kannst. Umgekehrt ist es die Wissenschaft ja auch. (Die meisten Chemiker würden sich forschungsmäßig sofort auf die Globuli stürzen, um herauszufinden, wie sie trotz nicht vorhandenem Wirkstoff besser funktionieren als ein genauso verabreichtes Pacebo, wenn sich im Versuch denn mal was anderes zeigen würde, als dass sie das nicht tun.) Bisher war es jedoch noch am Schluss jeder Scooby-Doo-Folge so, dass das vermeintlich übernatürliche Gespenst nach der Demaskierung seine wahre (natürliche) Herkunft gezeigt hat. 😉

Wenn du jemanden triffst, der sich zwar Wissenschaftler nennt, jedoch neuen Erkenntnissen gegenüber nicht aufgeschlossen ist, ist das kein Fehler in der wissenschaftlichen Methode, sondern einer, den dieser Mensch macht. Porsches sind ja auch nicht kacke, nur weil du ein Arschloch kennst, dass einen fährt. Don’t hate the Game. Hate the Player. ^_-

*Weißt du, wie man Alternativmedizin, von der gezeigt wurde, dass sie funktioniert, nennt? – Medizin. 🙂

Persönlichkeitstypologie, MBTI und „Alle anderen sind doof.“

Schon seit sehr vielen Generationen machen sich einige Menschen darüber Gedanken, wie sie die verschiedenen Charaktere ihrer Mitmenschen kategorisieren könnten. Die grundsätzliche Schwierigkeit dabei ist natürlich, dass sich so etwas komplexes wie eine ganze Persönlichkeit kaum mit einer von ein paar Schubladen auch nur annähernd vollständig beschreiben lässt. Dennnoch gibt es einige Hinweise, dass nicht alles, was man in diese Richtung tut, total nutzlos ist. Dazu später jedoch mehr.

Von den verschiedenen Typologien, die ich bisher gesehen habe, gefallen mir der Myers-Briggs-Typindikator (MBTI) bzw. der diesem ziemlich ähnlichen Keirsey Temperament Sorter zusammen mit den Big Five, um die es hier aber nicht geht, am Besten. Hierbei handelt es sich um einen 4-dimensionalen Beschreibungsraum, bei dem der Einfachheit halber jede Dimension binarisiert wird.

Ob Menschen eher immer zu einer der beiden entsprechenden Seiten neigen oder eher in der Mitte sind, lässt sich schwer sagen, da es für solche psyschichen Größen keine wirkliche Maßeinheit (im Gegensatz zu beispielsweise Körpergröße in Metern) gibt, und die Skala somit durch das Test- und Bewertungssystem einigermaßen beliebig festgelegt werden kann. Durch die Abbildungsfunktion „Antworten->Zahl“ kann man natürlich eine Normalverteilung oder eine Cauchy-Verteilung erzeugen, eine Gleichverteilung oder etwas bimodales bekommt man jedoch genauso gut hin. (Die Antworten sind ja keine stochastisch unabhängigen Zufallsvariablen.) Der IQ beispielsweise (auch wenn er nichts mit dem MBTI) zu tun hat, ist nur gauß-verteilt, weil er im Vorhinein so festgelegt wird. Die Tests werden so normiert, dass die Mitte bei 100 liegt, und x Prozent der Menschen zwischen 70 und 130 sind. Die sich ergebende Kurve ist also mehr Konvention als absolute Wahrheit. Einige Ansätze (bezogen auch auf den MBTI) gibt es aber natürlich trotzdem. (Gibt es Typen?, Bimodal score distributions and the MBTI: Fact or artifact?, Item response theory) Psychometrie ist halt fies. 😉

Naja, wie auch immer, im Endeffekt gibt es also 4 Kategorien, in denen man jeweils einen von zwei Buchstaben zugeordnet bekommt, wobei es kein „besser“ oder „schlechter“ gibt. Darüber, wie viel Vererbung, Erziehung oder Peergroups ausmachen, oder wie sehr sich sowas im Laufe des Lebens verändert, sind mir bisher leider keine Statistiken bekannt. Aber nun zu den Dimensionen:

  • I(ntrovertiert) <-> E(xtravertiert): Diese Unterscheidung ist ja recht geläufig. Manche Menschen mögen viele Sozialkontakte und schöpfen daraus Energie, andere hingegen tanken auf wenn sie für sich sind.

  • (I)N(tuitiv) <-> S(ensorisch): Diesen Unterschied finde ich persönlich am interessantesten, weil er nicht so direkt sichtbar ist, jedoch viel ausmacht und zu lustigen Konflikten (auch im Beruf) führen kann. Intuitive Menschen achten viel auf (teilweise abstrakte) Zusammenhänge und auf das große Ganze. Eine Lösung sollte zu dem persönlich gewählten Grundlebensprinzip (z.B. Wahrheit, Liebe, Religion, Wissenschaft, standardkonformer sauberer source code) passen und fällt ganz gerne mal unter der Dusche oder morgens beim Aufwachen plötzlich und ohne explizites Nachdenken ein. Sensoriker konzentrieren sich lieber auf’s Detail und auf praktische Lösungen. Gefunden werden diese oft auch einfach durch Ausprobieren. „In erster Linie soll es halt irgendwie funktionieren.“ sagen sie da, während es die hardcore-intuitiven bei dem Satz alleine schon erschaudern lässt und sie drauf bestehen, dass es wichtiger sei, dass die „wahre“ (hoffentlich viel elegantere) Lösung gesucht wird. Ihnen geht es beispielweise oft eher um Ethik wo der Sensorische von Gesetzen redet, oder um Methoden, Muster, Verknüpfungen, Ursprünge und Grammatik wenn die S-Fraktion sich mehr für Fakten, Daten, direkten Nutzen und Vokabeln interessiert.

  • T(hinking) <-> F(eeling): Denker versuchen, Situationen rational zu analysieren. Lösungen sollen gerecht sein. Fühlende Menschen verlassen sich mehr auf ihre Empathie und möchten gerne einen Weg finden, der es vielen recht macht. Frauen sind im Schnitt öfter fühlend, Männer öfter denkend.

  • J(udging) <-> P(erceiving): Urteilende (judging) mögen endgültige Entscheidungen und halten an Plänen fest. Wahrnehmende (perceiving) legen sich lieber später fest und sind flexibler/spontaner, was Änderungen angeht

Mit der wissenschaftlichen Exaktheit hält es sich hierbei natürlich in Grenzen. Es geht mir jedoch auch nur darum, dass man mit Hilfe dieser Einteilungen eine grobe Vorstellung von den Möglichkeiten, wie sich andere von einem selbst unterscheiden können, bekommen kann, und so mehr Verständnis für andere aber auch für sich selbst entwickeln kann. Mir selbst als sehr intuitiven Menschen hilft das beispielsweise mit sensorischen Leuten besser klar zu kommen. Früher konnte ich mir gar nicht vorstellen, dass man S sein kann, bzw. dass es so etwas überhaupt gibt. 😉

Durch Unverständnis findet man die Eigenschaften des jeweils anderen dann gerne mal schlecht. Vielleicht macht das, was jemand über einen mit dem jeweils anderen Buchstaben in einer Dimension denken könnte, die Sache ja sogar noch deutlicher:

  • I findet, dass E eine aufdringliche Laberbacke ist.
  • E hält I für einen abweisenden Einsiedler.
  • N findet, dass die Arbeiten von S Frickelei sind, und aus ödem Pragmatismus ohne wirkliches Verständnis für das Eigentliche entstehen.
  • S meint, dass N ein realitätsferner Idealist ist.
  • T ist von Fs gefühlsduseliger Unlogik genervt.
  • F empfindet T als kalt und herzlos.
  • J meckert P an, dass er ein planloser Chaot sei und es so nie zu etwas bringt.
  • P pupt J zurück an, dass er ein engstirniger Langweiler sei.
  • NT sieht in ST Dummheit.
  • ST meint hingegen, dass NT ein nutzloser Theoretiker ist.
  • NF findet SF oberflächlich.
  • SF hält NF für einen Träumer.

Ob der MBTI für Partnervermittlungen („Gegensätze ziehen sich an, Gemeinsamkeiten aus.“) nützlich sein kann, sei mal dahingestellt. In der Job-Beratung könnten aber durchaus sinnvolle Hinweise entstehen, was man sich vielleicht man angucken könnte.

Im Atlas of Type Tables findet man Statistiken darüber, wie sehr die verschiedenen Typen in unterschiedlichen Berufen vertreten sind. Hier zwei der Berufe, in denen es sehr deutlich wird:

Man sieht sofort, dass ein großer Anteil der Schulbusfahrer sensorisch-judging und damit „Guardian“ ist. Psychodramatisten sind eher intuitiv-fühlend.

Den möglichen Kombinationen aus Buchstaben kann man verschiedene Charaktere zuweisen. Auf den oben bereits verlinkten Wikipedia-Artikeln oder hier (oder hier) findet man mehr dazu.

Wenn du dich gerne selbst mal testen möchtest, gibt es im Netz genug Möglichkeiten, wie diesen kurzen Test oder diesen langen Test. Listen über die MBTIs von berühmten Menschen findet man ebenso.

Ich selbst bin übrigens INTJ, wobei sich mein J in letzter Zeit etwas mehr in Richtung P entwickelt. 🙂

Edit (2013-07): Mittlerweile stört mich am MBTI etwas, dass er suggeriert, dass sich die gegenüberliegenden Eigenschaften einer Dimension gegenseitig ausschließen. Ich denke beispielsweise, dass man durchaus gleichzeitig zuverlässig und offen für Neues sein kann. Bei den Big Five ist sowas möglich, wodurch man allerdings die Wertfreiheit des MBTI einbüßt, was aber nicht unbedingt verkehrt sein muss. 😉

Eine weitere Typologie, die mir persönlich sehr gut (eigentlich sogar noch etwas besser) gefällt, ist das System von Gunther Dueck. Darauf wirklich einzugehen, würde hier jedoch viel zu lange dauern, jedoch kann ich seine Bücher sehr empfehlen: http://www.amazon.de/Duecks-Trilogie-2-0-Omnisophie-Supramanie/dp/3642026982

(Teile von Duecks Topologie graphisch dargestellt)

Stress, Gesundheit und Motivation

Vieles, was uns Menschen ausmacht, ist evolutionär schon recht alt, und wir teilen es uns mit zahlreichen anderen Säugetieren. Mit vom Gehirn in bestimmten Situationen getriggerten hormonellen Reaktionen verhält es sich ähnlich. Die Ausschüttung von Stresshormonen (Die Hypophyse haut Acetylcholin, das die Nebennierenrinde dann dazu bringt, Glucocorticoide freizusetzen, raus.) ist in der Umgebung, in der wir eine lange Zeit unsere Selektionsdrücke abbekommen haben, gar nicht so verkehrt. Wenn man in eine Fight-or-flight-Situation gerät, ist es nützlich, dass der Körper alle möglichen Tätigkeiten, die da gerade nicht benötigt werden, zurückfährt. Dazu gehören unter anderem Regeneration, Immunsystem, Dopamineinlagerung, Eisprung, Sperma-Produktion, Verdauung, Calciumeinlagerung und viele mehr. Wenn man als Zebra gerade schnell weg muss, weil irgend so ein Löwe einem gerne die Eingeweide rausreißen möchte, gibt es andere Sachen, für die diese Energie besser verwendet wird. Dazu gehört z.B., dass der Blutdruck hoch geht, damit die Muskeln mit mehr Blut und Nährstoffen versorgt werden und man schneller weglaufen kann.

Danach ruht man sich allerdings wieder aus, und die ganzen anderen Körperfunktionen können weitermachen. Solche Stressreaktionen sind aber teilweise auch drin wenn man nur sieht, dass jemand anders gerade gejagt wird. Es ist ja gut, schonmal selbst vorbereitet zu sein.

Wir Menschen mit unserer tollen Phantasie schaffen es jedoch auch, einfach nur im Bett zu liegen, an irgendwas zu denken, das uns Sorgen bereitet (Job, Diskussionen, Löwen(?), Krankheiten, sozioökonomische Situation in der dritten Welt, usw.), und so ebenfalls Glucocorticoide auszuschütten, was nicht nur die Folge hat, dass wir nicht gut einschlafen, sondern auch gesundheitliche Probleme begünstigen kann (siehe die zurückgefahrenen Körperfunktionen weiter oben). Um das an sich selbst zu testen, muss man nichtmal seinen Blutdruck messen wenn man an eine Blumenwiese oder an Krieg denkt. Manche Leute merken es auch an einem trockenen Mund (Speichelproduktion gehört ja schon zur Verdauung) bevor sie eine Rede vor vielen Leuten halten müssen. Dass dauerhaft hoher Blutdruck nicht so schön ist, liegt unter anderem daran, dass die Wände der Arterien dadurch belastet werden, somit ganz kleine eventuell entzündliche Risse entstehen (die dann durch die reduzierte Regeneration auch nicht vollständig repariert werden), an denen sich dann die im Blut rumschwimmenden Fette (besonders die Trans-Fettsäuren) hübsch festsetzen können. Stress und Chips zusammen sind also top wenn man seine Chance auf einen Schlaganfall vergrößern möchte. 😉

Achja, und die Telomere (die Enden an den Chromosomen, die ähnlich wie die Plastikdinger am Ende von Schuhrimen das Ausfransen verhindern) lösen sich schneller auf wenn sie vielen Glucocorticoiden ausgesetzt sind. Da Telomere gern auch als Indikator für Zellalterung benutzt werden, kann man sie gut als Metapher dafür hernehmen, dass Stress alt macht. 😛

Diabetes, Osteoporose (siehe Calciumeinlagerung), Magengeschwüre (diese bakteriell bedingte Krankheit kann dann schlechter abgewehrt werden) sind nur einige Beispiele für körperliche Probleme, die durch Stress begünstigt werden. (Die offensichtlichen physiologischen Ursachen (Ernährung, Bewegung, sonstiger Lebenswandel, Vererbung usw.) existieren selbstständlich trotzdem weiterhin.) Mit dem anfangs erwähnten Rückgang der Einlagerung von Dopamin („Belohnungs-Neurotransmitter) ist auch schon ein (natürlich sehr vereinfachter) Übergang zu psychischen Problemen (in dem Fall Depressionen) da.

Dass Stress auch beim Lösen von kognitiv anspruchsvollen oder kreativen Aufgaben stört, kennen nicht nur viele von sich selbst, sondern auch in der Wirtschaft wird dieser wissenschaftliche Erkenntnis immer mehr ausgenutzt. Ingenieure leisten für ihr Unternehmen oft mehr wenn sie zufrieden, angstfrei und ohne ständige Unterbrechungen arbeiten können. In einen (sehr produktiven) Flow-Zustand kommen viele Menschen so am Besten. Bei der Lösung der Variante des candle-problems, bei der Kreativität gefragt ist, performed der Durchschnitt sogar besser wenn es mit der extrinsischen Motivation nicht übertrieben wird, die finanzielle Belohnung nicht zu sehr vom Ergebnis abhängig ist. Dan Pink erzählt da auch ganz nette Sachen zu, und Peopleware ist ein sehr gutes Buch zu dem Thema. 🙂 Sehr hoher Leistungsdruck oder gar Sklaventreibermethoden (Peitsche statt Zuckerbrot) sind nur in wenigen Jobs wirtschaftlich. (Manchmal passt Theorie Y halt besser als Theorie X. Vielleicht wird sie aber eher nur in Zeiten, in denen es den meißten gut geht, gerne angewandt?)

Dafür, wie man es nun in die Vagotonie, also dass der Parasympathikus (der Teil vom vegetativen Nervensystem, der den ganzen gesunden Regenerationskram macht) schafft, also dafür, wie man sich entspannen kann, gibt es kein Universalrezept. Manchmal hilft es, selbst andere Leute zu stressen. Paviane haben in vielen Gebieten beispielsweise echt viel Freizeit, weil die Nahrungssuche so gut funktioniert, und sie nutzen diese ausgiebig dazu, rangniederen Kollegen das Leben zu erschweren, besonders wenn sie vorher selbst von einem noch ranghöheren eins auf die Mütze bekommen haben. (Kommt uns das irgendwoher bekannt vor? ;)) Dieses Verhalten senkt den im Blut messbaren Stresslevel tatsächlich. Glücklicherweise hilft es aber ebenfalls, mit Leuten, die man mag zusammen zu sein. Das klappt auch bei Laborratten im Versuch. Frustfressen oder viel Bewegung ist bei den Versuchstieren auch beliebt, vorallem wenn kein anderes da ist. Wir Menschen wählen davon vielleicht gerne etwas wenn wir mehr so der introvertierte Typ sind.

Naja, aber was kann man bewusst tun? Da nicht nur die Psyche den Körper beeinflussen kann sondern auch umgekehrt, können Sachen wie progressive Muskelentspannung helfen. Einige Leute stehen auch total auf Meditation.

Oft muss es aber gar nicht so exlizit sein. Es reicht schon wenn die Entspannung implizit aus dem Alltag kommt. Da hilft es eventuell schon, wenn man einfach Dinge macht, die man gerne tut. Sport ist toll, funktioniert aber noch viel besser wenn auch Lust dazu hat, und er Spaß macht. In irgendwelche philosophischen Meta-Überlegungen abzudriften kann für manche Leute auch nützlich sein. Weitere Anregegungen findet man massig im Netz. Also, Chillen nicht verlernen. 🙂

Lineare Moralregression

Das Bewusstsein sitzt in seinem geschlossenen Büro und bekommt mal wieder überhaupt nichts mit. Im Hintergrund läuft leise Yiruma. Es hält vielleicht sogar ein Schläfchen. Plötzlich stößt das Unterbewusstsein die Tür auf, stürmt herein, und noch bevor es einen Stapel Diagramme incl. Zusammenfassung und sonstiges Zeug auf den Schreibtisch knallen kann, ruft es „Hey Bewusstsein! Guck mal, was ich cooles rausgefunden hab! Was hälst du davon? :-)“.

So ähnlich ging es mir vorhin, als mir eine Modellvorstellung zur Entstehung von ethischen Grundsätzen eingefallen ist. Getriggert wurde das Ganze vermutlich durch eine interessante Moraldiskussion gestern im Trainingskeller, an der der Friedrich seine Freude gehabt hätte. ^^

Darüber, welche Verhaltensweisen (wie z.B. „sein Haustier aufessen wenn man Hunger hat“, „jemanden ohne Erlaubnis fotografieren“ usw.) OK oder nicht OK sein sollen, sind sich Menschen ja nicht unbedingt einig, und dass es da kaum ein absolutes Richtig oder Falsch gibt, zeigt ja schon die Postmoderne. Das liegt daran, dass schon die ethischen Grundsätze, aus denen man oft logisch auf konkrete Fälle schließt, unterschiedlich sein können. Veranlagung zu manchen Sachen ist vielleicht sogar angeboren, ansonsten ist viel wohl auch anerzogen oder sonst irgendwie erworben. Die Frage, über die ich gerade nachdenke, ist, wie diese Grundsätze überhaupt entstehen können.

Hier vermute ich, dass diese oft gar nicht abstrakt erdacht werden, sondern aus den schon vorhandenen Gefühlen für die Einzelfälle hergeleitet werden.

Um ein einfaches mathematisches Modell als Analogie anwenden zu können, tue ich jetzt mal einfach so, als wäre es möglich, gewisse Verhaltensweisen, die es zu bewerten gilt, in einzelne unabhängige Eigenschaften (wie z.B. Art der Tat, Motive, Wirkung, Umstände usw.) aufzuteilen, die sich dann wiederum in Zahlen ausdrücken lassen (Quantisierung). Eine Handlung würde sich somit als n-dimensionaler Vektor darstellen lassen.

Um es anschaulich zu halten, reduzieren wir die graphische Darstellung des persönlichen Moralraums einer Person hier mal auf zwei Dimensionen. (So kann ich mich beim Malen der linearen Regression, die noch folgt, auch vor Hyperebenen drücken. ;-)) Verschiedene Handlungen werden eingezeichnet und als grüner Kreis markiert wenn die Person die OK findet und als rotes X wenn die Person, zu der das Diagramm gehört, sie nicht OK findet. Das könnte dann z.B. so aussehen:

Nun macht sich die Person (vielleicht um ihre Gefühlte zu Begründen) ein allgemeines ethisches Prinzip zu eigen, dass sich für sie intuitiv ergibt und/oder dass sie übernommen (und dabei eventuell modifiziert) hat. Wenn es ein einfaches (wie beispielsweise Kants kategorischer Imperativ oder „Ich lüge nie.“ usw.) ist, bietet es sich natürlich an, als mathematisches Äquivalent eine Regressionsgerade zu benutzen. 😉 Dieses einfache Prinzip trennt die beiden Gruppen schon recht gut, jedoch werden einige wenige Datenpunkte (moralisch zu bewertende Handlungen) nicht richtig klassifiziert (der grüne oben links und der rote in der Mitte). Manchmal kommen solche ja auch erst im Nachhinein hinzu, weil sich vorher noch nie die Situation ergeben hat, über sie nachzudenken. Diese Punkte von anderen werden dann gerne rausgekramt, um zu zeigen, dass der jenige inkonsistent sei, und somit nicht Recht haben könne. In unserem Fall sähe ein besser trennendes Prinzip vielleicht so aus:

Diese Funktion ist nicht nur mathematisch komplizierter, sondern als ethisches Prinzip vielleicht auch kaum auzudrücken. (Wer mir jetzt mit dem Kernel-Trick von Support Vector Machines kommen will, darf sich das sparen. Es ist ja nur ’ne Analogie. ;-)) Die Datenpunkte könnten auch noch beliebig gemeiner durcheinander liegen. Eine Möglichkeit, trotzdem mit einfachen Prinzipien (Geraden) durch die Tür zu kommen, ist die, in verschiedenen Situationen verschiedene (logisch manchmal kaum miteinander vereinbare) Regeln zu benutzen:

(Wäre das dann vielleicht sowas wie Doppelmoral? ^^)

Wenn man hier jedoch ein Prinzip in den Bereich eines anderen Prinzips extrapoliert, können kognitive Dissonanzen entstehen, die einem von anderen Leuten dann auch gerne mal aufs Brot geschmiert werden. Es ist also meist praktisch wenn eine einzige Gerade überall funktioniert, jedoch nicht immer möglich. Besonders wenn es bei den Situationen plötzlich nicht mehr um irgendwen abstraktes sondern um einem nahestehende Leute geht, werden viele da dann doch recht flott mal nichtlinear. 😉

Zusätzlich könnte es sein, dass gewisse Punkte nach neuen Erfahrungen plötzlich anders bewertet werden (ihre Farbe wechseln), je nach Stimmung in die eine oder die andere Kategorie fallen oder sogar gar nicht klar zugeordnet werden können und je nach konkretem Fall anders gesehen werden.

Worauf will ich überhaupt hinaus? So sicher bin ich mir da gerade auch nicht, aber als Moral (höhö) von der Geschichte könnte man ja vielleicht mitnehmen, dass es nicht zwangsläufig so ist, dass ethische Prinzipien, die man gut findet, zu allen moralischen Gefühlen, die man so hat, passen müssen, und dass selbst diese zwischen verschiedenen Personen variieren können, ohne dass es eine dem Universum inhärente Wahrheit diesbezüglich gäbe. Wenn man über bestimmte Einzelfälle diskutiert, kann es also helfen (im Sinne von Stressvermeidung), sich auch der eigenen Subjektivität bewusst zu sein, und dazu weder von sich noch vom anderen 100%ige logische Konsistenz der moralischen Gefühle bezogen auf das jeweils vertretene Grundprinzip zu erwarten. 🙂

Achso, geschicktes absichtliches Manipulieren von anderen würde in diesem Modell übrigens ungefähr so aussehen:

Man kennt grob den Moralraum von jemandem, der sich z.B. so darstellt:

Der schwarze Punkt mit dem Fragezeichen steht nun für eine Handlung, zu der der andere noch keine Meinung hat, man selbst jedoch schon, und von der man den anderen überzeugen will. Nun bringt man ihm ein einfaches ethisches Prinzip näher, dass kompatibel zu seinen Gefühlen ist, den schwarzen Punkt jedoch auf die Seite klassifiziert, auf der man ihn selbst gerne hätte. Wenn die Freiheiten des gegebenen Moralraums der Person es zulassen, kann man sie also in beide Richtungen beeinflussen, je nach Belieben.

Oder so ähnlich. 😉

Evolution und Folgen des parental investments

(Dieser Artikel baut auf dem Abschnitt über parental investment und pair bond species vs. tournament species aus „Feministinnen und wie sie entstehen könnten“ auf.)

Auf den ersten Blick sieht Evolution unter Umständen gar nicht mal sooo unterhaltsam aus. Über Millionen und Milliarden von Jahren sind Organismen gewissen Selektionsdrücken ausgesetzt, wodurch sich die Genmutationen, die ihren Trägern einen Reproduktionsvorteil verschaffen, langfristig durchsetzen. (Während des Lebens erworbene Eigenschaften gehen übrigens nicht in die DNA-Sequenz ein und können deshalb auch nicht über sie weitergegeben werden.) Der Spruch „survival of the fittest“ ist da zum Vorstellen nur bedingt nützlich, da man an der Definition von vorhin ja sieht, dass man weder lang überleben noch fit in dem Sinn, wie es oft verstanden wird (stark und so) sein muss. Fit muss man nur in der Nachwuchs-Produktion sein, und überleben nur bis man darin genug Erfolg hatte. Und das Huhn ist für das Ei, die Methode, weitere Eier zu produzieren – nicht umgekehrt. 😉

So, unter den Vorfahren der Giraffen konnten sich also die besser fortpflanzen, die einen etwas längeren Hals als andere hatten und deshalb an höhere Blätter kamen und somit mehr zu futtern hatten. Manchmal hat man Glück und findet nun noch ein paar Fossilien usw.

Nicht mehr ganz so langweilig wird es, wenn man sich überlegt, wie aus einer Spezies zwei werden können. Oft sind zwei Gruppen einer Art durch räumliche Trennung unterschiedlicher Selektion ausgesetzt, wodurch ihr Genpool sich dann irgendwann so weit voneinander entfernt, dass ein Individuum aus der einen Gruppe sich nicht mehr wirklich mit einem aus der anderen fortpflanzen könnte.

Bei der Evolution handelt es sich zwar um ein natürliches Optimierungsverfahren, allerdings landet man bei diesem wie bei so vielen auch nicht unbedingt im globalen Optimum sondern höchstens in einem lokalen, und da auch noch nichtmal mit Sicherheit.

(Tatsächlich hat das Problem natürlich viel mehr Dimensionen.)

Dazu kommt, dass manche Eigenschaften nichtmal Adaptionen sondern vielmehr Spandrels (Nebenprodukte) sind. (Männliche Brustwarzen sind beispielsweise recht unnütz, jedoch ein Nebenprodukt der durchaus nützlichen weiblichen Variante.)

Des weiteren ändern sich Umgebungen (und damit die Selektionsdrücke) über die Zeit. Nicht nur die physikalische Umwelt sondern auch die Interaktionen mit anderen Arten (Räuber-Beute-Beziehungen) und auch die innerhalb der eigenen Spezies spielen da eine Rolle. So kann es vorkommen, dass man eine Eigenschaft hat, die früher mal eine tolle Adaption war, jetzt aber eher weniger prickelnd ist, wie z.B. die, sich auf alles, was möglichst viel Fett und Zucker hat, gierig draufzustürzen. Früher war das klasse, denn Körperfettreserven waren in Zeiten, in denen es weniger zu Essen gab, sehr hilfreich. Nun sieht’s anders aus, und wir gucken vor’m Schokoladenregal im Supermarkt manchmal dumm aus der Wäsche bis entweder unser frontaler Cortex oder der evolutionär altere Teil unseres Gehirns das Tauziehen für sich entschieden hat. 😉

Es drängen sich natürlich fragen (hier wird’s dann schon interessanter) auf, wieso Gene, die Probleme wie Schizophrenie oder Depressionen (siehe Naturalismus, Kontinua und Mitgefühl) begünstigen, nicht wegselektiert wurden. Bei Homosexualität, die auch eine genetische Komponente hat ebenso. Hierzu gibt es verschiedene Möglichkeiten. Es könnte sein, dass die Veranlagung wenn sie sich zur Lebzeit anders ausprägt, durchaus einen Reproduktionsvorteil mit sich bringt, oder dass die Verwandten (die sich ja Gene mit einem teilen) dadurch einen Vorteil haben. Es könnte auch für die Gruppe als Ganzes von Vorteil sein. (Wie die Rache/Kooperations-Sache in „Rache ist ja soo selbstlos…;)„.) Es gibt also viele Möglichkeiten, die bei den verschiedenen Phänomenen jeweils empirisch überprüft werden müssen.

Da überprüfbare Vorhersagen ja generell wichtig sind, damit eine Theorie wissenschaftlich ist (siehe Epistemologie, Esoterik und Theismus), wäre die, um die es hier gerade geht, ja ziemlich öde wenn sie keine anböte. Ich will jetzt nicht mit Antibiotikaresistenz (oder Dackelzucht) nerven, deshalb nehm ich einen Bereich, in dem es wirklich spaßig wird. 🙂

Weil ja nicht nur körperliche, sondern auch „geistige“ Eigenschaften evolutionäre Ursachen haben (Der Übergang von „Wenn ich dir auf die Nase haue, tut es dir weh.“ zu „Wenn ich dir auf die Nase haue, bekommst du schlechte Laune“. ist ja fließend.), kann man hier beispielsweise aus dem simplen Unterschied im parental investment (Wir sind ja irgendwo zwischen pair bond und tournament.) nette Sachen vorhersagen, die auch oft schon empirisch nachgewiesen wurden. Dabei gilt es natürlich immer zu bedenken, dass diese Vorgänge keinesfalls bewusst ablaufen. Wir essen ja auch normalerweise eher selten, weil wir Nährstoffe aufnehmen wollen (Muskelheinis ausgenommen), sondern weil wir Hunger haben. Hunger ist hier die biologische Methode, um die Nährstoffaufnahme zu gewährleisten. (Mit Sex, Fortpflanzung und Lust verhält es sich ähnlich.)

(Ab hier wird das Konzept über parental investment und pair bond species vs. tournament species aus dem Artikel „Feministinnen und wie sie entstehen könnten“ wichtig.)

Es geht nicht um genetischen Determinismus (hier schon erklärt). Wenn man als Mann also weiß, warum man vielleicht etwas eher dazu neigt, zusätzlich zur eigenen auch mal andere Frauen sexuell anziehend zu finden, soll das ja nicht als Ausrede dienen eventuelle Beziehungskonventionen zu verletzen, sondern einem vielleicht eher dabei helfen, zu verstehen, dass das nicht bedeutet, dass man seine Frau nicht richtig liebt oder sowas, und die Versuchung deshalb dann vielleicht doch eher sein lässt. 😉

So, nun aber zu den spaßigen evolutionärpsychologischen Hypothesen über im Durchschnitt auftauchende tendentielle statistische Unterschiede (individuelle Unterschiede gibt es natürlich immer) zwischen Männer und Frauen, die sich aus dem parental investment ergeben sollten:

– Weibchen sollten sich für One-Night-Stands eher James-Bond-Typen aussuchen, zum Zusammenleben eher Versorgertypen. (Dominance, prosocial orientation, and female preferences: Do nice guys really finish last?)

– Der Mann sollte eher sauer sein wenn die Frau kurz mal sexuell fremdgeht, weil die Gefahr eines Kuckuckskinds damit hoch wird, und Mann in Nachwuchs investiert, der nicht der eigene ist.

– Die Frau sollte eher sauer werden wenn der Mann viel Zeit mit einer anderen verbringt und seine Ressourcen da aufwendet.

– Wenn Frauen über eine andere Frauen lästern, um sie dem Partner schlecht zu reden, sollten sie mehr übers Aussehen herziehen. Männer hingegen sollten umgekehrt mehr über den Status des anderen Typens herziehen.

– Der Mann sollte für eine Frau nach dem ersten Sex mit ihm im Schnitt attraktiver werden (eventuelle Schwangerschaft, Versorger usw.), beim Mann hingegen sollte das nicht so sein. (The affective shift hypothesis: The functions of emotional changes following sexual intercourse)

– Säuglinge sollten dem Vater eher ähnlich sehen als der Mutter, weil die sich eh sicher sein kann, dass es ihr eigenes ist, der Vater nicht unbedingt. (Whom Are Newborn Babies Said to Resemble?)

– Die Verwandten der Mutter sollten besonders immer wieder betonen, wie ähnlich das Kind dem Vater sieht (natürlich so, dass er das mitbekommt).

– Missbrauch und Mord an Kindern sollte von Stiefväter öfter begangen werden als von leiblichen (Cinderella effect).

– Single-Männer sollten erzählen wenn sie mit vielen Frauen Sex haben. (Wenn die anderen Frauen den toll finden, werden die in der nächsten Generation seinen Sohn auch toll finden, also will ich als Frau Nachwuchs von ihm, weil ich so über meine Enkel mehr Gene weitergeben kann.)

– Single-Frauen sollten ihre Promiskuität eher für sich behalten, da ein späterer Partner ja davon überzeugt sein sollte, dass die Frau nur mit ihnen rumsext, und deshalb mehr Ressourcen in den Nachwuchs steckt.

Einiges davon kommt einem eh schon aus eigener Erfahrung ziemlich bekannt vor und ist auch schon in den verschiedensten Kulturen nachgewiesen worden. (David Buss hat da sicher mehr zu zu sagen). Bei anderen Sachen steht die Überprüfung noch aus. Auch wenn bei vielen Verhaltensweisen die Kultur sogar eventuell eine größere Rolle als die Natur spielt, spielt sie doch oft irgendwie mit, und die meisten Teile der Psychologie könnten vielleicht von evolutionären Überlegungen profitieren. Ist ja auch ne schöne Brücke zwischen Geistes- und Naturwissenschaften. 🙂

Achja, nur nochmal zur Sicherheit: Das ganze ist rein deskriptiv und nicht normativ (Wissenschaft beschreibt wie etwas ist, schreibt aber nicht vor wie etwas sein sollte). Ich finde Gleichberechtigung super und bin selbst in meinem Sozialverhalten alles andere als ein Patriarch. Mir gefällt es jedoch wenn man aus einem einzigen Prinzip (parental investment) so viele beobachtbare Verhaltensweisen, für die man bei rein kultureller Betrachungsweise keine sinnvolle Erklärung finden würde, logisch deduzieren kann, 😀

Naturalismus, Kontinua und Mitgefühl

Was soll eigentlich das ganze wissenschaftliche Zeug? Gehts darum, irgendwem Träume, Hoffnung und Sinn wegzunehmen (den Regenbogen zu entzaubern) usw.?

Ganz im Gegenteil!
Für mich persönlich drückt der Wunsch, die Natur zu verstehen, viel mehr die Faszination, die von ihr ausgeht, und den Respekt, den man vor ihr hat, gepaart mit Neugierde und Liebe zur Wahrheit aus. 🙂
Im Beitrag zu neuronalen Netzen hatte ich ja schon erwähnt, dass die natürliche (manchmal sehr einfache, manchmal sehr komplexe) Erklärung für ein Phänomen wesentlich spektakulärer und faszinierender sein kann als ein simples übernatürliches Dogma. (Seit ich weiß, was ein Prisma tut, und dass Sonnenlicht aus verschiedenen Wellenlängen zusammengesetzt ist, finde ich Regenbögen sogar noch schöner.)
Die Vorstellung, es ein bis zwei hundert Milliarden Galaxien mit jeweils wieder mehreren hundert Milliarden Sternen (von denen unsere Sonne einer ist) gibt, und dass die Kohlenstoffatome, aus denen wir bestehen, in vor mehreren Milliarden Jahren explodierten Sternen aus einfacheren Elementen zusammenkernfusioniert wurden, und sich das Leben über sehr lange Zeiträume durch Variation und Selektion entwickelt hat, bringt mich zum Träumen und ist für meinen Geschmack auch wesentlich poetischer als die Schöpfungsmärchen, die ich so kenne. 😉
Außerdem ergeben sich mit jeder Erkenntnis ja wieder neue interessante Fragen.

SupernovaHoffnung? Können mir Ergebnisse wie die stabile Kooperation aus dem Artikel Rache ist ja soo selbstlos…;) viel mehr geben als irgendwelche Mythen. 🙂

Sinn? Kann man sich eh nur selbst suchen, weil es in der Natur keinen universellen gibt. Dazu aber ein anderes mal vielleicht mehr. 😉
Sicher sind die Naturwissenschaften von der Denkart nicht jedermanns Sache, jeder findet andere Dinge cool. Aber auch wenn man sich nicht mit den Details beschäftigen möchte, kann man trotzdem auf persönlicher Ebene sehr davon profitieren. Damit meine ich jetzt gar nicht die aufgrund der technischen Fortschritte möglichen Verbesserungen in Wohlstand und Gesundheit (Man muss ja nur sein jetziges Leben hier in der ersten Welt mit dem vor 300 Jahren oder so vergleichen.). Klar, in klassischer Aufklärungs-Art, leuchtet ein, dass eine Gesellschaft, in denen die Menschen vernünftiger Handeln, also bei Problemen weniger Beten, homöopathische „Mittel“ nehmen (oder sogar empfehlen!) und zu Wahrsagerinnen gehen, sondern tatsächlich Dinge tun, die über den Placebo-Effekt hinaus ihnen und ihren Mitmenschen helfen, insgesamt besser dran ist. (Jemanden, dem mit empirisch erwiesen wirksamen Medikamenten tatsächlich geholfen werden könnte, stattdessen Arnica C30 teuer zu verkaufen, finde ich schon ziemlich schade.) Aber hier meine ich eher, dass man Gelassenheit, Toleranz und Mitgefühl dazugewinnen kann.

Ja, wie das denn?
Im Beitrag zur Willensfreiheit hatte ich schon angesprochen, dass man sich bei der Verabschiedung von eben dieser, wenn man denn möchte, den teilweise echt nervigen Teil vom Schuld-Kram sparen kann.
Es gibt aber selbstverständlich noch mehr. 😉
Bei körperlichen Problemen sieht man ja leicht die biologische Ursache. Psychische Phänomene tut man (besonders wenn man so eine Grinsebacke wie ich ist :D) ja aber ganz gern mal mit „Irrer!“ oder „Stell dich nicht so an.“ ab. Hier kann man (hab‘ ich zumindest) mehr Toleranz und Mitgefühl entwickeln wenn man ein Bischen über diese Themen weiß:

Schizophrenie (nicht zu verwechseln mit einer dissoziativen Identitätsstörung), von der bei momentaner diagnostischer Schwelle, ca. 1% der Bevölkerung betroffen ist, hat eine starke genetische Komponente. Diese kann man bestimmen, indem man sich eineiige Zwillinge, die bei der Geburt voneinander getrennt wurden, anschaut. Persönlich ist das teilweise natürlich schade, aber für solche statistischen Zwecke im Nachhinein echt praktisch, denn man hat die Umweltkomponente (bis auf die pränatale Umgebung) recht gut ausgeklammert. Naja, auf jeden Fall sieht man hier, dass wenn einer der beiden Zwillinge betroffen ist, es den anderen zu 40% auch erwischt. Im Gehirn findet man Dopaminanomalien in einigen Hirnregionen (,gegen die übrigens schwer ist, medikamentös anzugehen, weil man andere Hirnregionen mit beeinflusst, und dann eventuell Parkinson-ähnliche Symptome hervorruft).
Dazu kommt halt, dass es keine feste Grenze zwischen „krank“ und „normal“ gibt. Man kann sich jede beliebige Zwischenstufe von „Mein imaginärer Freund sagt, ich hätte psychische Probleme.“ über „Ich sehe tote Menschen.“ über „Jesus spricht zu mir.“ bis zu „Manchmal steh‘ ich im Bus und phantasiere total abwesend vor mich hin.“ vorstellen.
Dass ich beim Wasser-Trinken früher mitgezählt habe, dass die Anzahl Schlücke 2,4,8 usw. beträgt ist auch noch keine richtige OCD(Zwangsstörung) und wenn ich Poservideos ins Netz stelle ist das noch keine narzisstische Persönlichkeitsstörung, aber eben diese Übergänge meine ich. Klar, wenn es um Jura oder medizinische Entscheidungen geht, muss man öfters mal einfach eine Grenze irgendwo in so ein Kontinuum setzen, aber wo es sich vermeiden lässt, tut man meistens gut daran, es dann auch sein zu lassen.

Depression

Depression ist ja eine Krankheit, zu der man besonders schnell mal „Ach, jeder ist mal mies drauf, jammer nicht so rum, das ist keine Krankheit.“ sagt. Dabei handelt es sich hier nicht um „mal schlechte Laune“ sondern um sehr lange sehr melancholische Zeiträume. Eigentlich ist Depression eine der fiesesten Krankheiten, die man bekommen kann, zumindest für den Zeitraum, in dem sie akut ist. Selbst Leute, denen von einer Tretmine die Beine weggerissen wurden, finden oft noch etwas im Leben, an dem sie sich erfreuen können usw. Depression ist unter anderem allerdings die Unfähigkeit, sich überhaupt freuen zu können (Anhedonie). Hier ist die genetische Komponente jedoch ähnlich hoch wie bei der Schizophrenie (gleiches statistisches Verfahren).
Man hat sogar ein Gen gefunden, dass bei Betroffenen häufiger in einer bestimmten Variante vorliegt. Passenderweise hat es etwas mit Serotonin (Glückshormon/Neurotransmitter) zu tun und sein Transkriptionsfaktor sind Glucocorticoide (Stresshormone). Man ist mit dieser Gen-Variante also bei Stress-Einwirkung wesentlich anfälliger für den Kram.

Das waren jetzt nur zwei kurze Beispiele, aber ich hoffe, der Punkt, auf den ich hinaus will, ist klar.
Wissenschaftliches Verständnis kann dazu beitragen, dass wir Menschen im Alltag mitfühlender miteinander umgehen und nicht mehr so schnell verurteilen. Ale Verhalten (nicht nur pathologische, sondern auch unsere normalen persönlichen charakterlichen Eingenschaften) haben Ursachen (mit immer unterschiedlichen Anteilen und Abhängigkeiten von Nature und Nurture).

Außerdem habe ich noch nie erlebt, das jemand Liebe plötzlich doof fand, nur weil er über Oxytocin („Treuehormon“) und das limbische System (Hirnregion, die viel mit Emotionen zu tun hat) Bescheid wusste. 😉

Love

Rache ist ja soo selbstlos… ;)

Wenn man angeborene Verhaltensweisen oder zumindest die genetische Komponente, die gewisse kulturell (Erziehung, Peers, Erlebnisse, Umwelt allgemein) hervorrufbare Ausprägungen begünstigt, nicht dadurch versucht zu erklären, dass sie jemand in uns hineingezaubert hat, sondern dadurch, dass diese Merkmale genauso durch Mutation und Selektion entstanden sind wie körperliche Eigenschaften auch, ist man im Bereich der evolutionären Psychologie angelangt. Hier bedient man sich gern der Spieltheorie (eine mathematische Disziplin, die sonst besonders in der Betriebswirtschaftslehre benutzt wird).

Ein klassisches abstraktes (Oft hilft es, komplexe Vorgänge zu vereinfachen, damit man überhaupt eine Möglichkeit zum Verstehen hat. Das konkrete Verhalten eines einzelnen Menschens in einer bestimmten Situation lässt sich dadurch selbstverständlich nicht zuverlässig vorhersagen.) Beispiel hier ist das prisoner’s dilemma (PD). Wie es zu seinem Namen kommt, ist hier jetzt egal. Das PD steht für Situationen, in denen zwei Individuen (nennen wir sie hier mal A und B) miteinander interagieren und dabei kooperieren (C) oder defektieren (betrügen/ausnutzen/nicht kooperieren) (D) können, sich jedoch für eins von beidem entscheiden müssen bevor sie wissen, was der jeweils andere macht. Das Ausdenken von entsprechenden Beispielen sei hier dem interessierten Leser selber überlassen. 😛
Je nachdem, wie sich A und B verhalten, haben sie dadurch unterschiedliche Vorteile/Nachteile (Geld, Prestige, Nahrung etc.).
Die entsprechende payoff matrix dazu sieht dann (mit den gleichen Beispielwerten wie hier) so aus:
In grün ist links die Aktion von Spieler A und in rot oben die Aktion von Spieler B eingetragen.
Wenn beide Spieler kooperieren (C,C) bekommen beide Spieler 3 Punkte.
Wenn Spieler A kooperiert, B aber nicht (C,D), dann erhält A 0 Punkte und B 5.
Wenn Spieler A defektiert, C aber kooperiert (D,C), dann erhält A 5 Punkte und B 0.
Wenn beide Spieler defektieren, erhalten beide nur einen Punkt.
Das bedeutet, dass es für beide Spieler zusammen als Team betrachtet am besten wäre wenn beide kooperieren würden. Dann würden insgesamt 6 Punkte verteilt. Bei einer einzelnen Spielrunde ist das allerdings kein Nash-Gleichgewicht.

Was bedeutet das?
Wenn ein Spieler kooperiert wäre es aus der Sicht des anderen besser, zu defektieren. Er würde ja 5 statt 3 Punkte (die er beim kooperieren bekäme) erhalten.
Wenn ein Spieler defektiert wäre es aus der Sicht des anderen besser, auch zu defektieren. Er würde dann ja 1 statt 0 Punkte (die er beim kooperieren bekäme) erhalten. Die best response ist also immer, nicht zu kooperieren, und hier die strikt dominante Strategie.

Joa, sieht ziemlich übel aus, oder? Nicht zu kooperieren ist das beste, um für sich selbst das Beste rauszuholen. Warum tut man das also nicht, sondern kooperiert mit anderen? Ein einfacher Fall ist der, dass man mit dem anderen verwandt ist. Nach Hamilton’s rule gibt es ja ein (auch in der Natur oft zu beobachtendes) Verhalten, was man mit Augenzwinkern kurz mit „Ich würde mein Leben für zwei Brüder oder 8 Cousins opfern.“ beschreiben kann. Das ergibt sich automatisch wenn man Selektion nicht aus Sicht der Individuen sondern deren Gene betrachtet. (Geschwister haben 50% der Gene gemeinsam, Cousins 12,5%.)

Man kooperiert ja aber auch mit Nichtverwandten. Warum?
Weil die Größen der Gruppen, in denen unsere Psyche evolvierte, so klein waren, dass man auf jedes andere Individuum mehrmals traf. Nun möchte man ganz abstrakt herausfinden, welche Strategie bei wiederholtem (Wie oft ist unbekannt. Das ist wichtig. Die Erklärung dafür würde allerdings den Rahmen hier sprengen.) langfristig die erfolgreichste ist.

Dazu wurde in den 80er Jahren ein Computerturnier veranstaltet, bei dem verschiedene programmierte Strategien gegeneinander antreten mussten. Da es zu guter wissenschaftlicher Vorgehensweise gehört, Experimente zu wiederholen, um sie unabhängig zu überpfüfen (Bullshit, es hat mir einfach tierischen Spaß gemacht. :)) habe ich in Python 3 auch so ein Turnier implementiert. Den source code dazu habe ich hier hochgeladen: soonZurück zur theoretischen Ebene: Da es zwischendurch auch zu Missverständnissen (man denkt, jemand hätte nicht kooperiert, obwohl er es hat) oder zu Versehen (jemand wollte kooperieren, ist aber gescheiert, und keiner hats bemerkt) kommen kann, ist es gut, noch einen Vergebungsfaktor in seine TFT-Strategie einzubauen (Forgiving Tit For Tat – FTFT). Ohne dieses gelegentliche Vergeben würden sich zwei normale kooperierende TFT-Spieler (C,C; C,C; C,C; …) nach nur einmal Defektieren auf immer und ewig gegenseitig das D heimzahlen (C,D; D,C; C,D; D,C). Eine solche Vendetta (Blutrache) wäre natürlich für beide beteiligten von Nachteil.
Zusätzlich zum (F)TFT bietet sich die Möglichkeit, Defektoren auch noch aktiv zu bestrafen. Dabei geht man selbst das Risiko ein, verletzt zu werden. Wenn nicht ist es zumindest Aufwand, den man auch für andere Sachen (die einem selbst direkt etwas bringen) hätte einsetzen können. So gesehen ist Rache also altruistisch (uneigennützig/selbstlos).

Gruppen, in denen solche Individuen, die sich aktiv rächen, vorhanden sind, sind durch Defektoren-Bestrafung geförderde Kooperation besser dran als Gruppen ohne. Auch bei großen Gruppengrößen kann dieses Verhalten stabil sein. (Die mathematische Herleitung gibt es hier: http://www.pnas.org/content/100/6/3531)
Mittlerweile haben wir natürlich ein Rechtssystem. Selbstjustiz ist oft nicht mehr erwünscht. Mal abgesehen davon, dass sich unsere Gene nicht in einer solchen Kultur entwickelt haben und viele davon ja auch schon in anderen Primaten vorhanden sind, gibt es jetzt ja auch noch Situationen im Alltag, die natürlich nicht rechtlich erfasst sind, und in denen wir ständig (F)TFT spielen.

Nach viel Blabla haben nun also Sätze wie „Das nächste mal kann die ihren Scheiss alleine machen.“ oder „Dem Asi verpass‘ ich ’ne verdiente Schelle.“ eine gute Begründung.

Ist es nicht schön, dass Kooperation und Vergebung nicht nur einfach nette, sondern auch mathematisch herleitbar nützliche Taktiken sind? 🙂

Außerdem wären die vielen tolle Kung-Fu-Filme ziemlich langweilig wenn unsere Belohnungszentren im Gehirn nicht darauf ansprechen würden, dass der Übeltäter mit roundhouse kicks ‚was auf die Nase bekommt. 😉

Chuck-Norris-Pants

Feministinnen und wie sie entstehen…

…könnten. 😉
Mir ist beim Chatten eine eventuelle Möglichkeit, wie eine Frau zum Feminismus* kommen könnte, eingefallen: Setzen wir mal rein hypothetisch den (selbstverständlich vollkommen unmöglichen ;)) Fall voraus, dass das mit dem blank slate** nichts ist und es tatsächlich verhaltensbiologische Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt. Größtenteils könnte sich sowas evolutionär durch das verschiedene parental investment***, und dem daraus entstehenden sexuellen Dimorphismus entwickelt haben. Durch normale Streuung gibt es natürlich auch Individuen, deren Denkmuster nicht ihrem genderspezifischen Durchschnitt entsprechen. (Wie sehr in diesen Einzelfällen nun Veranlagung, pränatale hormonelle Umgebung und sonstige Faktoren eine Rolle spielen, ist hier nicht so relevant.) Diese Menschen werden trotzdem mit den auf dem Mittel basierenden gesellschaftlichen Normen konfrontiert. Das stört sie dann, weil die nicht zu ihnen passen. Dazu glauben sie unter Umständen, dass alle ihres Geschlechts (in dem Fall Frauen) eigentlich wie sie (nicht klischeeweiblich) denken. Dass die Gesellschaft nicht dementsprechend aussieht, kann für sie also nur daran liegen, dass die anderen Frauen da irgendwie benachteiligt und in ihre Rolle reinerzogen werden. Deshalb müssen sie etwas dagegen tun und überkompensieren dann teilweise recht ordentlich.Das Problem könnte also auf dem auch von anderen (Hochbegabte, sehr intuitiv denkende, sehr gefühlsbetonte usw.) gemachtem Fehler, dass alle so seien wie man selbst, basieren.

*Mit Feminismus meine ich hier natürlich nicht eine selbstverständlich vernünftige Form von Gleichberechtigung etc. sondern Albernheiten in der Art von „In allen noch so unterschiedlichen Berufen muss es eigentlich gleich viele Frauen und Männer geben. Dass dies nicht so ist, liegt an irgendeiner Art Unterdrückung.“. Dass Unterschiede vorhanden sind, bedeutet nicht, dass ein Geschlecht insgesamt besser oder schlechter ist, nur weil es einzelne „Disziplinen“ gibt, in denen sich das so niederschlagen kann.

**Blank slate/tabula rasa steht für die Ansicht, dass der Mensch als unbeschriebenes Blatt geboren wird und alles Verhalten anerzogen wird bzw. durch Umwelteinflüsse bei ihm entsteht. Da Verhaltensmerkmale jedoch genau wie körperliche evolutionär gewachsen sind, gibt es auch eine genetische Komponente dabei. Diese kann man sehr schön z.B. mit Studien über (durch Adoption usw.) bei der Geburt getrennten Zwillingen nachweisen. Dass es sich dabei nicht nur um Einflüsse vor der Geburt (Nährstoffversorgung, Hormone etc.) handelt, lässt sich am Vergleich von monoamnioten mit diamnioten Zwillingen verifizieren.

Chimpanzee Mother Nurturing Baby***Parental investment steht für den Aufwand, den Eltern in ihre Nachkommen stecken. Körperlich ist der bei Säugetieren (durch Schwangerschaft und Stillzeit) bei Weibchen zunächst schonmal höher. Dazu kommt, dass Männchen theoretisch jeden Tag neue Nachkommen zeugen können, Weibchen hingegen nicht. Deshalb sind Weibchen im Durchschnitt auch anspruchsvoller bei der Wahl von Sexualpartnern, weil eben das die beste Strategie ist, um viele Kopien seiner Gene weiterzugeben, weswegen sich die Gene durchsetzen, die eben solches Verhalten begünstigen. Vorallem vom parental investment entwickeln sich zwei Muster, nach dem man eine Verhaltensdimension einrichten kann. Am einen Ende des Spektrums sind „tournament species“, am anderen „pair bound species“. TS zeichnen sich tendentiell dadurch aus, dass weniger Männchen mehr Weibchen befruchten, wodurch der Konkurrenzkampf unter den Männchen höher ist. Körperlich sind hier die Männchen meist wesentlich größer und stärker als die Weibchen. (Es gibt auch einige wenige Spezies, bei denen das PA der Männchen höher ist, Seepferdchen beispielsweise.) Die Weibchen legen hier bei der Partnerwahl vorallem darauf wert, dass der Nachwuchs des Männchens sich im Konkurrenzkampf wieder gut durchsetzen wird, und es viele Enkel geben wird (Sexy son hypothesis). Bei PBS hingegen ist der körperliche Unterschied meist zwischen den Geschlechtern eher weniger ausgeprägt, die Tiere leben öfter in Monogamen Beziehungen, und Weibchen beeindruckt mann hier nicht so sehr dadurch, dass man anderen Männchen umhaut, sondern dadurch, dass man zeigt, dass man das mit der Brutpflege drauf hat. Viele Vogelarten kann man zu den PBS zählen. Hier werben die Männchen oft mit Nestbau-Skills um die Weibchen.
(Nur nochmal zur Erinnerung: Diese Vorgänge sind alle nicht bewusst geplant, sondern werden von den Genen, die sich auf der Grund des Fortpflanzungsvorteils durchgesetzt haben, begünstigt.)
Wir Menschen liegen biologisch übrigens irgendwo zwischen TS und PBS. 🙂