Mini-Dawkins: Memetik von Religionen

Obwohl DawkinsIdeen vermutlich öfters wiedergekäut werden, hab‘ ich trotzdem gerade Lust, über sie zu schreiben, weil ich sie einfach gut finde. 🙂

Das Grundprinzip der Evolution habe ich ja schon im Artikel „Evolution und Folgen des parental investments“ beschrieben.

Da es in quasi jeder Kultur irgendeine Art von Religion oder sonstigem Aberglauben (Warum ich Aberglaube sage, steht im Artikel „Epistemologie, Esoterik und Theismus„.) gibt, fragt man sich ja schon, ob religiös zu sein, vielleicht irgendeinen Vorteil bietet, weswegen sich eine Veranlagung dazu durchgesetzt hat. Es gibt zwar leichte empirische Hinweise darauf, dass es sich mit Religion stressfreier lebt, was ja auch förderlich für die Gesundheit wäre, allerdings scheint das nicht auszureichen, um die Stärke des Phänomens zu erklären, vorallem angesichts der massiven Ressourcen, die oft bei der Ausübung des Glaubens aufgewendet werden und damit in anderen Lebensbereichen (Nahrungsbeschaffung, Reproduktion usw.) fehlen.

Kleiner Ausflug in die Mottologie: Wir sehen, dass Motten oft um Kerzen/Feuer kreisen, dann reinfliegen und verenden, und fragen uns, warum sie das nur tun. Normalerweise orientieren sie sich Nachts an Lichtquellen in optischer Unendlichkeit wie dem Mond. So können sie den Kurs halten wenn sie einen konstantem Winkel zu diesem Objekt halten. Eine Kerze ist aber nicht so weit weg, und wenn da der gleiche Flugalgorithmus ausgeführt wird, fliegen die Nachtfalter in einer logarithmischen Spirale ins Feuer. Das Phänomen, das wir beobachten ist also nur ein fieser Nebeneffekt einer sonst sehr nützlichen Adaption.

Vielleicht muss man die darwinistische Frage bezüglich Religion also anders formulieren. Nicht „Was für einen Vorteil bringt Religion?“ sondern „Was für Eigenschaften haben wir, die die Entstehung von Religion begünstigen, und wieso haben wir diese?“

Kinder lernen nicht nur aus Erfahrung sondern auch dadurch, dass sie auf ihre Eltern oder andere Respektspersonen hören. Doch selbst ausprobieren zu müssen, warum man nicht in den Fluß mit den Krokodilen gehen soll, wäre keine gute Adaption. 😉 Kindergehirne glauben also sinnvollerweise oft einfach, was man ihnen sagt, weshalb die meisten Menschen ihre Religion auch in der Kindheit beigebracht (aufgezwängt/indoktriniert) bekommen und nur selten im Erwachsenenalter selbst zu einer kommen.

Nun stellt sich die Frage, wie sich Religionen und vor allem warum immer mit ähnlichen inhaltlichen Mustern verbreiten. Von Kettenbriefen wie „Schreib mich ab und schick mich dann an 10 Freunde, und du wirst ganz viel Glück haben.“ (oder so ähnlich) kennt man ja. Teilweise haben die sich auch recht gut (exponentiell) viral ausgebreitet. Solche Briefe können unterschiedlich geschrieben sein, sodass sich manche besser und andere schlechter verbreiten. Zwischendurch verändern (mutieren) diese Briefe beim Abschreiben. Die Mutationen, die die Ausbreitung begünstigen, setzen sich dann durch. Man kann also die Evolutionstheorie nicht nur auf Gene, Lebewesen mit der Umwelt als Wirt, sondern auch auf Meme (Gedankeneinheiten), Ideen (wie Kettenbriefe) mit den Menschen als Wirt anwenden.

Einige religiösen Meme scheinen besonders günstig für die Ausbreitung zu sein. Die Vorstellung von ewigem Leben fruchtet vermutlich besonders gut auf der Angst vor dem Tod, Absolutheitsansprüche ala „Du sollst neben mir keine anderen Götter haben.“ sind wohl auch gut, um Abweichung zu unterdrücken, und einfache Antworten auf schwierige Fragen, die ins Münchhausen-Trilemma führen, scheinen besonders anziehend zu sein.

(Das Münchhausen-Trilemma ist ein Name für das Problem, zu dem man kommt, wenn man immer weiter nach der Ursache für Dinge fragt. Wenn man nach der Ursache des Universums fragt, kann man entweder dogmatisch mit „Gott wars.“ antworten (und dabei die Frage nach der Ursache für Gott ausblenden), oder man fragt immer weiter (infiniter Regress) oder man dreht sich im Kreis (Zirkelschluss). Vielleicht haben sich unsere Gehirne und unsere Kognition einfach nicht dazu evolviert, vernünftige Antworten auf solche Fragen zu generieren, womit wir uns teilweise jedoch nur ungerne abfinden und deshalb Dogmen erfinden.)

So mutieren religiöse Ideen also in der Art, dass sie sich besonders gut halten, und dabei die Anfälligkeit (Leichtgläubigkeit) des kindlichen Gehirns, aus dem sie später nur noch aufwendig zu entfernen sind, nutzen, um sich dort festzusetzen.

Dass sich Informationen wirklich nicht unbedingt, weil sie wahr sind, sondern andere Eigenschaften bei der Auswahl entscheidender sein können, sieht man z.B. gut daran, dass sich viele Vorstellungen trotz für jeden leicht festzustellender Bullshititizität sehr hartnäckig halten. Dieses Konzept der Mutation und Selektion von Ideen lässt sich natürlich auch auf alle möglichen anderen nicht-religiösen Gedanken, Traditionen usw. anwenden und ist selbst natürlich auch ein Mem. Vielleicht wurdest du ja gerade eben davon infiziert. 🙂

Falls es sich anhört, als würde ich das einfach nur böse meinen, empfehle ich den Artikel „Naturalismus, Kontinua und Mitgefühl„. Dem ist nämlich nicht so. 😉

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2 Gedanken zu „Mini-Dawkins: Memetik von Religionen

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