Viele Leute sind überrascht, dass man jetzt durch die Pandemie merkt, wie viele Leute zu doof sind, einzusehen, dass sie sich impfen lassen sollten, oder sonst irgendwie rumschwurbeln.
Über Jahrzehnte haben wir ihnen jedoch beigebracht, dass es ok ist, an Bullshit wie Astrologie, Homöopathie, Gott, Tarot, Akupunktur, Kreationismus oder Telepathie zu glauben. Wenn man versucht hat, dagegen zu argumentieren, war das „intolerant“, weil „jeder glauben darf was er will“ und „die Leute damit ja niemandem wirklich schaden“. Zu glauben, dass Viren harmlos/nichtexistent sind, ist einfach ein weiterer Bullshit-Glaube ähnlicher Art, nur dass dieser jetzt größere direkte Auswirkungen hat.
Durch die falsche Toleranz („2+2=5“ ist nunmal keine Meinung) haben wir den Leuten, die jetzt Covidioten sind, aber halt beigebracht, dass es ok ist, Bullshit zu glauben. Wir haben sie nie genötigt, den Unterschied zwischen überprüfbaren Tatsachen und „Geschmacks-„Meinungen zu erkennen, oder zu verstehen, wie der wissenschaftliche Prozess funktioniert, und all diese schönen Dinge. Und jetzt haben wir halt den Salat. 🤷
Anstatt bei einem neuen Thema erstmal die Fakten zu recherchieren, bilden wir uns gerne zuerst mal eine Meinung, und versuchen dann, sie vor uns und anderen zu rechtfertigen. Dabei werden die subjektiven und objektiven Dinge gerne mal vermischt. Ich finde (Obacht: Meinung), dass es gut wäre, wenn wir uns bemühen, besser zu trennen.
Hier ein paar Beispiele aus möglichen Diskussionen:
„Tiefkühlgemüse ess ich nicht. Da sind gar keine Vitamine mehr drin.“
„Ich bin gegen Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Autobahnen. Der ganze Kram mit dem Klimawandel ist doch erfunden.“
„Ich bin für die Abschaffung der Mund-Nasen-Schutz-Pflicht. Die Dinger bringen doch eh nix gegen Corona.“
„Wir sollten die Gleichstellung der Geschlechter verbessern. Die Unterschiede zwischen Mann und Frau sind eh nur anerzogene gesellschaftliche Konstrukte.“
Die erste Hälfte ist ein moralisches Urteil, eine Geschmackssache, eine politische Meinung, ein Wunsch oder ein Gefühl. Hier gibt es kein objektives „richtig“ oder „falsch“. Die zweite Hälfte ist eine Aussage, die oft objektiv überprüfbar ist, und sich gerne mal als falsch herausstellen kann, vor allem wenn sie ausgedacht ist.
Besonders offensichtlich wird die Vermischung bei Sätzen wie „Meiner Meinung nach bringen Masken nix.“ oder „Ich glaube nicht an den Klimawandel.“. Es gibt nun mal Dinge, die haben nix mit Meinung oder Glauben zu tun, sondern sind Fragen für die Wissenschaft und/oder die Statistik.
Wenn man gerade keine Daten zur Hand hat, um die eigene Meinung zu stützen, sie aber trotzdem haben will, weil man sie sinnvoll findet, wäre Folgendes doch irgendwie besser:
„Tiefkühlgemüse ess ich nicht. Mir schmeckt das andere besser.“
„Ich bin gegen Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Autobahnen. Ich fahre gerne schnell Auto.“
„Ich bin für die Abschaffung der Mund-Nasen-Schutz-Pflicht. Die Dinger nerven mich einfach.“
Besonders schade ist es natürlich, wenn sich jemand, der eigentlich einen guten Zweck verfolgt, z. B. die Gleichstellung der Geschlechter zu verbessern, durch unwissenschaftliche Aussagen selbst den Wind aus den Segeln nimmt. Dann wird nämlich plötzlich darüber diskutiert, ob olympische Gewichtheberinnen nur, weil es die Gesellschaft von ihnen erwartet, niedrigere Gewichte bewegen als ihre männlichen Kollegen. Das eigentlich gut gemeinte und sinnvolle Ziel geht dann viel zu schnell unter.
Man sieht also, dass egal, ob man eine Meinung teilt oder nicht, es grundsätzlich vorteilhaft sein kann, darauf zu achten, Fakten („What?“) und Meinungen („So what?“) nicht unnötig zu vermischen. Stattdessen erstmal die Datenlage gemeinsam klären und dann schauen, was man für Ansichten darauf ableiten kann. Eventuell ist man dann ja plötzlich von der eigenen Meinung überrascht. Aber selbst wenn nicht wird die Diskussion dadurch nachvollziehbarer und zielführender.
In diesem Artikel findest du eine Liste von Grundsätzen, über die ich denke, dass es sich lohnen kann zu versuchen, nach ihnen zu leben. Ich zumindest versuche es, von Zeit zu Zeit. 😉
Anschließend wird noch erläutert, inwiefern man eins auf dem anderen aufbauen lassen kann.
Natur
Alles ist Produkt von Zufall und/oder Vorherbestimmtheit. Sinn ist nicht inhärent, sondern persönlich oder sozial konstruiert. Außerdem können wir uns von Märchen wie „freiem Willen“ verabschieden, und die Eleganz würdigen, mit der komplexes Verhalten emergent aus der Interaktion von elementaren Prozessen in Kohlenwasserstoff-Säcken wie uns und anderen Tieren entsteht.
Wasser
Dinge passieren, auch oft ohne dass jemand „schuld“ daran ist. „Sei Wasser, mein Freund.“ Passe dich Veränderungen an. Wenn du an eine Weggabelung kommst, nimm sie. Stemme dich nicht gegen das Unausweichliche.
Schmerz
Schmerz ist unausweichlich, Leiden ist optional. Du wirst nicht für deinen Ärger bestraft, dein Ärger bestraft dich. Versuche aktiv auch in Krisen Chancen auf etwas Positives zu finden. Behalte im Hinterkopf, dass deine Probleme vermutlich nichts außergewöhnliches sind, und dir keine Sonderbehandlung zusteht.
Vergänglichkeit
Alles ist vergänglich. Denke immer daran.
Akzeptanz
Da nichts perfekt ist, ist alles perfekt. Akzeptiere Dinge, wie sie sind, und mach das beste aus ihnen.
Einsheit
Es gibt kein „ich gegen dich“, „du gegen mich“. Nicht nur im biologisch-materialistisch Sinn sind wir eins, wir sitzen auch alle im gleichen Boot, was das Bessermachen unserer Welt angeht. Versuche, dein „Ich“ aufzulösen.
Liebe
Üb dich in Geduld mit anderen Menschen, und Freundlichkeit entsteht von alleine. Habe keine Vorurteile, vergib Fehler, sei interessiert, hör zu, spreche ehrliches Lob aus, und behandele dich selbst genauso gut. Helfen ist kein Nullsummenspiel, manchmal gewinnen beide, z. B. durch das damit verbundene Lernen. Jede Beurteilung von Verhalten ist subjektiv und stimmungsabhängig. Negativ wirkendes Verhalten ist nur sehr selten persönlich gemeint. Meistens ist es situationsspezifisch und flüchtig. Verhält sich jemand dir gebenüber falsch, geh erstmal nicht von Bösartigkeit aus, sondern einfach von Unwissenheit.
Loslassen
Lass los. Alte Dinge, Pläne, Überzeugungen, Gewohnheiten, Peinlichkeiten, Aktivitäten und Bekanntschaften. Nutz dein Hirn fürs eigentliche Problemlösen. Finde Denkschleifen und löse sie auf. Strukturiere dein Denken und externalisiere es mit Mind-Maps oder in Form von Prosa, z. B. in einem Tagebuch, was auch immer dein Style ist. Nutze Tools, die dir helfen, sinnlose Beschäftigungen oder belastendes Dinge-im-Kopf-Behalten zu vermeiden, beispielsweise Kanban, Kalender-Apps, Automatisierung, usw. Befreie dein Leben von den nichtessentiellen Dingen wie Nachrichten, Instagram, gewissen Leuten oder Fernsehen, falls sie dir keine Freude bringen. Wirf unwissenschaftliche Ansichten genauso ab. Es ist OK, ein „Ja.“ oder ein „Nein.“ durch ein „Ich hab keine Ahnung.“ zu ersetzen. Letztendlich vergiss sogar dieses hier erleuterte Rahmenkonzept wieder. „Perfektion entsteht nicht dann, wenn man nichts mehr hinzuzufügen hat, sondern wenn man nichts mehr wegnehmen kann.“
Anfängergeist
Fehlschläge sind durchaus eine Option, weil man aus ihnen lernt. Verlasse deine Komfortzone. Es ist OK wenn du in einem neuen Bereich/Thema dumm aussiehst und dich auch so fühlst. Fang einfach mal an. Inspiration oder sogar Motivation sind nicht nur Ursache sondern auch Folge von Aktion. Lass dir Zeit, die Dinge wirklich zu verstehen. Nicht nur das „Was?“ sondern auch das „Warum?“. Wenn du denkst, du hast etwas nicht-triviales kapiert, versuch mal, es jemand anderem zu erklären, z. B. durch das Schreiben eines Blogs. So kannst du Verständnislücken bei dir selbst entdecken.
Achtsamkeit
Sei Achtsam, lebe in der Gegenwart, konzentriere dich nur auf eine Sache gleichzeitig. Genieße, was du tust, indem du voll darin eintauchst. Versuche mal, zu beobachten ohne zu bewerten: Die Geräusche um dich herum, wie sich dein Körper anfühlt wenn du läufst, oder sogar dein eigenes Denken.
Gewohnheiten
Mache simple (nicht unbedingt einfache) Dinge regelmäßig richtig. Wähle deine Gewohnheiten bewusst aus, sodass ohne Druck Erfolg aus ihnen folgen kann. „Wissen ist nicht genug – wir müssen Wissen anwenden können. Der Wille allein reicht nicht – wir müssen handeln.“ Egal, was es ist, jeden Tag ein paar Seiten in Fachbüchern lesen, gesund essen, trainieren, meditieren, Dinge zu Ende bringen, Orte/Situationen/Projekte in einem saubereren Zustand hinterlassen. Arbeite an welcher Fähigkeit auch immer, die dich dahin bringen kann, wo du hin möchtest, sei es bezogen auf deine Gesundheit, die Karriere, Beziehungen oder das allgemeine Glücklichsein.
Sobald du etwas zu einer Gewohnheit gemacht hast, kostet es nicht mehr so viel mentale Energie, es zu tun, weil du keine Entscheidung mehr treffen musst. Du machst es einfach regelmäßig, so wie du auch deine Zähne putzt. Wenn du eine deiner Regeln mal nicht wörtlich befolgt hast, mach dich nicht verrückt, sondern einfach weiter.
Zusammenhänge
Natur -> Wasser
Die Naturgesetze sind wie sie sind, und Dinge verändern sich.
Wasser -> Schmerz
Veränderung ist unparteiisch. Manchmal sind die Ergebnisse von chaotischem Verhalten positiv für dich, aber manchmal auch negativ; auch ganz ohne dass irgendwer „böses“ dahintersteckten muss.
Natur -> Einsheit
Abgeschlossene Identitäten sind imaginativ. Alle ist Teil des gleichen Prozesses.
Wasser -> Vergänglichkeit
Durch die ständigen Veränderungen ist nichts dauerhaft.
Loslassen -> Gewohnheiten
Wenn du dich von alten Gewohnheiten befreist, hast du mehr Platz für neue.
Loslassen -> Achtsamkeit
Wenn du Gedanken loslassen kannst, kann dein Bewusstsein mehr neue Eindrücke aufnehmen.
Loslassen -> Anfängergeist
Wirf altes Wissen über Bord, und lasse neue Erkenntnis zu.
Vergänglichkeit -> Loslassen
Alles wird eh irgendwann vergehen, also häng nicht zu sehr dran.
Vergänglichkeit -> Liebe
Niemand wird ewig da sein, also erfreue dich an der Zeit, die dir mit den Menschen, die du liebst, gegeben ist.
Einsheit -> Achtsamkeit
Wenn du dir bewusst wirst, wie alles miteinander verbunden ist, gehst du achtsamer durch die Welt.
Einsheit -> Liebe
Wenn wir schon im gleichen Boot sitzen, sollten wir es uns gegenseitig nicht auch noch schwer machen.
Gewohnheiten -> Achtsamkeit
Gewöhne dir an, achtsam zu sein, indem du es immer wieder bewusst versuchst.
Gewohnheit -> Liebe
Mache es dir ebenfalls zur Gewohnheit, erstmal zu versuchen, die positiven Seiten an jeder Person zu entdecken.
Akzeptanz -> Anfängergeist
Wenn wir akzeptieren, dass unser eigenes Wissen unvollkommen ist, fällt es uns leichter, uns weiterzuentwickeln.
Wasser -> Akzeptanz
Da sich alles verändert, ist auch nichts dauerhaft perfekt; außer Mathematik vielleicht. 😛
Manchmal benutzen wir im Deutschen die Wörter „einfach“ und „simpel“ im Alltag als wären sie austauschbar. Ich denke aber, es liegt Wert darin, einen Unterschied zwischen Ihnen zu machen.
Das Gegenteil von „einfach“ könnte „schwierig“ sein. Das Gegenteil von „simpel“ hingegen „komplex“.
Das bedeutet dann unter anderem:
Wenn man etwas ohne Probleme verstehen kann, ist es simpel.
Wenn man etwas ohne Probleme durchführen kann, ist es einfach.
Ein Beispiel für etwas, dass simpel aber eventuell nicht einfach ist, wäre folgender Ernährungs-Imperativ:
„Iss weniger Zucker und mehr Gemüse.“
Eine Fragestellung oder ein Problem einfach zu lösen, ist oft nur kurzfristig sinnvoll. Langfristig kann einen die erhöhte Komplexität übelst einholen. Besonders Software-Entwickler, die code, den sie vor Jahren geschrieben haben, später nochmal verstehen und anpassen müssen, können folgendes Zitat sehr gut nachvollziehen:
It seems that perfection is attained not when there is nothing more to add, but when there is nothing more to remove.
– Antoine de Saint Exupéry
Aber auch in anderen Bereichen ist das Erlangen von Simplizität oft ein sinnvolles Ziel, z.B. bei der
Lösung eines sozialen Problems
Erzählung einer Geschichte
Beschreibung eines Vorgangs
I would have written a shorter letter, but I did not have the time.
– Blaise Pascal
Komplexität zu reduzieren ist allerdings oft alles andere als einfach. Aber ein wertvolles Werkzeug dafür ist das Schaffen von guten Abstraktionen, die man dann als Vokabular verwenden kann.
Nehmen wir als Beispiel die Beschreibung von Tätigkeiten für einen humanoiden Roboter. (Gleiches würde analog aber auch für Basketball-Spielzüge oder Kochrezepte gelten.)
Wir wollen unserem Roboter beibringen, Wasser zu holen. Dieser Vorgang könnte aus folgenden Schritten bestehen:
Gefäß nehmen.
In die Küche gehen.
Gefäß am Wasserhahn füllen.
Zurück gehen.
Das ist simpel. Aber nur weil beispielsweise das Gehen selbst nicht erklärt wird. Das hat auf dieser Abstraktionsebene nämlich nicht zu suchen.
Wenn man allerdings dann auf der nächst tieferen Ebene das Gehen beschreibt, kommt dort natürlich vor, dass ein Fuß vor den anderen gesetzt wird etc. Aber dass dafür wiederum z.B. die Beugung des Kniegelenks nach 200 ms von 20° auf 5° geändert werden muss, gehört in eine wieder tiefere Ebene (Beschreibung von „Fuß nach vorne setzen.“). So kann man auch für komplexe Dinge simple Beschreibungen finden.
Ein genereller Tipp um Simplizität zu erreichen: Wenn es geht, fang auf hoher Abstraktionsebene an zu denken, und füll die Details später (https://de.wikipedia.org/wiki/Breitensuche). „Unten“ anfangen ist eher hilfreich für kurzfristige Experimente, zum Abklopfen der Möglichkeiten, und um gute Abstraktionen zu finden, die nicht undicht sind. „Undicht“ nennt man solche, mit denen man nicht arbeiten kann ohne die Details ihrer Implementierung zu kennen. Und dann steigt die Komplexität wieder, sodass der Wald von all den Bäumen verdeckt wird.
Wer es nun schafft, sich vorzustellen, wie Simplizität auch in weniger technischen Bereichen wie beispielsweise Wohnungseinrichtung, zwischenmenschlicher Kommunikation oder Lebensführung aussehen kann, bekommt 1000 Gummipunkte. 😉
Wissen kann komplex sein. Weisheiten sollten simpel sein.
Es gibt keine Erfindungen, sondern nur Entdeckungen.
So, diese Aussage werde ich in diesem Artikel vertreten.
Angenommen du entwickelst Fahrräder. Du fängst zufällig mit etwas an, dessen Räder noch zu groß sind. Langsam benutzt du immer kleinere Räder, bis du ein für eine normale Körpergröße passendes Optimum gefunden hast. Etwas kleiner fährt sich schon nicht mehr so gut.
Leicht bekifft baust du aber irgendwann einfach aus Spaß mal eins mit wesentlich kleineren Rädern, und plötzlich bemerkst du, dass das doch gar nicht so schwachsinnig ist. Man kann zwar nicht so schnell damit fahren, aber viel bessere Stunts hinlegen. Hast du jetzt das BMX erfunden? Nein, du hast es nur entdeckt. Der Lösungsraum war nämlich schon lange vorher gegeben.
Du hast dich bisher jedoch einfach nur im rechten lokalen Optimum aufgehalten und dabei gar nicht gemerkt, dass es weiter links noch eins gibt.
Wenn mehr als nur eine Grundeigenschaft eines Produkts oder einer Idee gleichzeitig verändert werden müssen, damit man ein neues Optimum findet, sieht das ähnlich aus. Ein Beispiel für eine Optimierung auf einem zweidimensionalen Lösungsraum ist die Herstellung von Messern. Wenn wir nur Frühstücksmesser und Obstmesser in Betracht ziehen, gibt es wieder zwei Nutzen-Optima; kurz und scharf sowie lang und weniger scharf.
Diese beiden Beispiele sind natürlich sehr stark vereinfacht. In Wirklichkeit haben die Lösungsräume, in denen wir uns bewegen, wesentlich mehr Dimensionen und sehen auch deutlich wilder aus. Das Prinzip in diesem Gedankenmodel bleibt jedoch das Selbe.
Gegeben ist ein Problem, für das eine möglichst gute Lösung gesucht wird. Dabei können sehr viele Parameter der Lösung variiert werden. Die Abhängigkeit des Nutzens von diesen extrem vielen Parameterkombinationen existiert jedoch bereits. Sie ist bisher jedoch nur in einem sehr kleinen Teil des Raums erkundet worden. Wenn wir eine gute Lösung „erfinden“, entdecken wir also lediglich eine sinnvolle Parameterkombination im gegebenen Lösungsraum.
Wenn wir auf der Suche nach einer neuen Lösung sind, ist die Aussicht aber nicht immer so super, dass man direkt sehen würde, wo der höchste Berg denn nun ist. Er könnte ja irgendwo außer Sichtweite sein. Wenn man auf so einen Berg gelangen will, reicht es natürlich nicht, von seiner Startposition aus einfach immer nur solange bergauf zu gehen, bis es nicht weiter hoch geht. So könnte man am Ende ja einfach auf einem kleinen Hügel stehen ohne zu bemerken, dass ganze Gebirgsketten irgendwo anders auf einen warten.
Zwar verändert sich die Landschaft ständig, und wenn man lange genug wartet, existiert vielleicht irgendwann tatsächlich ein stetig ansteigender Weg von unserer Startposition zum Supergipfel, jedoch würde es ziemlich lange dauern, bis es mal soweit ist.
(Ähnlich funktioniert übrigens Evolution, zumindest wenn man nur die ungeschlechtliche Vermehrung betrachtet. Mit sexueller Fortpflanzung ist ein stetig ansteigender Weg nicht unbedingt nötig, da durch die Rekombination zweier verschiedener Positionen mit Glück auch Berge, die komplett von Tälern umgeben sind, erreicht werden können. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass man deshalb im globalen Maximum landet, dazu gibt es zu viele lokale Maxima. Also nein, wir Menschen sind vermutlich nicht das absolut Perfekte, der Mount Everest der Biologie. 😉 )
Um den Vorgang schneller zu gestalten, braucht man Ideen. Eine Idee ist dann einfach ein Gefühl (oder bei guter Intuition für den Lösungsraum auch eine feste Überzeugung), dass es „dort hinten im Nebel“ ziemlich weit nach oben geht.
Das kann natürlich klappen, aber auch daneben gehen. Die Kosten, um eine solche Lösung auszuprobieren, also einen unbekannten Teil des Lösungsraums zu erkunden, können selbstverständlich stark variieren, und werden meistens gegen den erwarteten Nutzen abgewogen.
Also, einfach mal auf Expedition gehen, und wenn ihr dann zufällig der erste auf einem vorher unbekannten Berg seid, lasst euch direkt den ganzen Kontinent patentieren, damit euch bloß keiner besuchen kommt. 😀
Bei manchen Aufgaben/Zielen ist die extrinsische Motivation so stark, dass man automatisch sehr viel dafür tut, sie zu lösen/erreichen.
Andere Projekte sind aber nur nice-to-have. Es passiert einem nichts schlimmes, wenn man nicht an ihnen arbeitet. Und trotzdem fände man es schön, sie durchzuziehen. Dabei kann es sich um ganz unterschiedliche Sachen handeln, wie z.B.
ein Musikinstrument lernen
Spagat schaffen
ein guter Smalltalker werden
Vorträge halten können
Programmieren lernen
Jonglieren lernen
Buch oder Blog schreiben
regelmäßig Meditieren
ein optionales Projekt auf der Arbeit
eine Fremdsprache beherrschen
sein doppeltes Körpergewicht Kniebeugen können
…
Darum, wie man solche Ziele erreichen kann, geht es in diesem Artikel.
Auch wenn intrinsische Motivation initial nötig ist, sollte man sich doch nicht vollständig auf sie verlassen, denn sie kann schnell mal schwinden. Ein zuverlässigerer Helfer sind Gewohnheiten, und zwar solche, die einem dabei helfen, seinen Zielen kontinuierlich näher zu kommen.
Nicht jeder kommt mit der gleichen Menge der nötigen Beharrlichkeit daher, aber auch diese Einstellung lässt sich, so wie andere Charaktereigenschaften auch, trainieren.
Wenn man etwas anfängt sollte man sich damit identifizieren. Der Gedanke „Ich bin Kunstturner(Pianist/Autor).“ fühlt sich gleich ganz anders an als „Ich mache etwas Kunstturnen.“ Das zweite ist vielleicht irgendwas für ein paar Abende die Woche, das andere ein 24/7-Ding, selbst wenn der tatsächliche explizite Zeitaufwand der gleiche wäre.
Das erste bedeutet aber auch, dass man anfangs natürlich ein richtig schlechter Kunstturner ist. Aber wenn man all-in geht man muss damit klarzukommen, ein unfähiger Anfänger zu sein. Die Tatsache soll sich ja ändern. Und das tut sie nur, wenn man selbst aggressiv dafür sorgt. Aggressivität ist hier losgelöst von Ärger und eher im Sinne von aktiv handelndem und dauerhaftem Enthusiasmus zu verstehen. Sie richtet sich nicht gegen sich selbst oder andere, sondern gegen die zu ändernde Tatsache und somit auf das zu erreichende Ziel.
Diese Einstellung ist nicht optional, sondern notwendig, und ebenso trainierbar (Meta-Training, yeah) wie andere Dinge auch.
Je nach Ziel/Projekt, muss man die richtige Mischung zwischen Theorie und Praxis finden. Wenn man beispielsweise 7 mal die Woche im Kraftraum reinhaut, sollte man hin und wieder auch mal ein Buch lesen, um sein Training optimieren zu können. Andersrum hilft es z.B. beim Programmieren nicht, zig Bücher zu lesen, wenn man das Wissen wieder versacken lässt, anstatt es in echten Projekten in Fleisch und Blut übergehen zu lassen.
Viele Skills, die man lernen will, lassen sich in kleine Fähigkeiten oder Voraussetzungen dekonstruieren, die man dann einzeln üben kann. Wenn einem selbst die Übung im Zerlegen fehlt, fragt man halt jemanden, der mehr Erfahrung damit hat (Trainer/Mentor). Viele Leute freuen sich, ihr Wissen an interessierte Neulinge weitergeben zu können.
Ziele können natürlich sehr unterschiedlich sein. Bei einigen ist der Fortschritt schwer zu messen, bei anderen geht es einfacher. Wenn man beispielsweise 10kg abnehmen und 20 Klimmzüge können will, merkt man schnell, ob man heute näher am Ziel ist als noch vor 4 Wochen. Bei solchen Dingen kann man wenn nötig zusätzliche extrinsische Motivation erschaffen, indem man seinem Freunden vom Vorhaben erzählt und eventuell auch eine Wette bezüglich des Erreichens (mit Deadline) mit ihnen abschließt. Oder man sucht sich Leute mit ähnlichen Zielen und macht eine Art positiven Wettkampf daraus, wer etwas (z.B. die 20 Klimmzüge oder 500 Punkte auf Hackerrank) zuerst schafft.
Man kann sich im Alltag auch an sein Ziel erinnern lassen, indem man sich z.B. ein Poster von dem, was man erreichen will, irgendwo aufhängt. (Trainingsraum, Kühlschrank, Desktop-Wallpaper usw.)
Ein Problem kann natürlich die Zeit werden, sodass die Tage einem zu kurz erscheinen. Hier lohnt es sich, einfach mal eine typische Alltags-Woche zu messen. Wofür gehen wie viele Minuten im Schnitt pro Tag drauf?
Zeitfresser wie Facebook, reddit, Fernsehen usw. sollten sich leicht identifizieren und rauswerfen lassen. Auch auf Nachrichten kann man verzichten. Man vergisst eh nach nur kurzer Zeit das meiste.
Wenn der Tag also von solchem Unfug befreit ist, können die nötigen Sachen optimiert werden. Essen kann man in größeren Mengen im Voraus vorbereitet werden, Bücher können (je nach Typ) auch als Hörbuch während der Fahrt mit Auto/Bus/Bahn zu sich genommen werden. Vorlesungen können vielleicht beim Crosstrainern geguckt werden, usw.
Und wenn gar nix mehr geht, weil man zu viele unverzichtbare Ziele gleichzeitig hat, muss halt periodisiert werden. Ein paar Wochen oder Monate lang kann man sich z.B. hauptsächlich der Musik und dem Krafttraining widmen, und die vorher erlernten Jonglier-Tricks verlernt man nicht, auch wenn man sie nur einmal die Woche ein paar Minuten lang übt. Die sind dann vielleicht irgendwann anders wieder intensiver dran und in der Zeit hält man seine Kraftwerte dann einfach nur einigermaßen konstant.
Zusätzlich zur Zeit, sollte man auch den Kopf freibekommen. Alles, was man sich eigentlich merken würde (Termine, Mini-Aufgaben, Dinge die man irgendwem noch sagen will usw.) einfach aufschreiben und vergessen bis sie an der Zeit sind.
Generell gilt: auch wenn die Ziele nicht sportlicher Natur sind, ist gute Ernährung und genug Bewegung wichtig, denn auch die mentale Leistungsfähigkeit und Regeneration wird dadurch positiv beeinflusst. Und langfristig wollen wir ja nicht nur ein Projekt schaffen, sondern unsere Kapazität, Projekte zu schaffen, erhöhen. 😉
Manchmal werden Freunde oder Verwandte eventuell sowas sagen: „Mach mach mal Trainingsfrei und guck was TV und iss dabei Chips und keinen Magerquark.“ Auch wenn sie es eigentlich gut mit dir meinen, können sie dich mal. Die Ärmsten wissen leider nicht, wie geil es ist, mit Begeisterung an einer Sache dran zu sein, und deshalb halten sie die „Besessenheit“ für falschen Ehrgeiz. Dabei geht es doch gar nicht um die Ehre und geizig sind wir doch auch nicht.
Im Nachhinein wird aber wohl kaum einer von uns jammern „Och hätte ich doch mehr TV geschaut und nicht so viel Klavier geübt.“ Der umgekehrte Fall ist wesentlich leichter vorstellbar.
Ausgebranntsein stellt sich ein, wenn man zu viele Sachen machen muss, auf die man keine Lust hat, und die Sachen, die man machen will, nicht machen kann. Wenn man mit Leidenschaft und Freude an etwas dran ist, macht einen das nicht fertig. Im Gegenteil, innerlich fühlt man sich total aufgeräumt und entspannt.
Bei der ganzen Zielorientierung muss man natürlich trotzdem flexibel bleiben. Wenn ein Weg versperrt ist, sucht man einen anderen. Dabei muss man nur dran denken, dass das Ziel weiterhin das Ziel und der Weg immer noch nur der Weg ist.
Klar, wenn ein Ziel nicht mehr wert ist, erreicht zu werden, kann man ein Projekt auch sein lassen. Aber das Meta-Ziel ist es ja, in vielen Jahren super leistungs- und lernfähig und dabei zen-mäßig gechillt und zufrieden zu sein.
Und manchmal kann ja sogar ein einzelnes Projekt 10 Jahre dauern, so wie beispielsweise das erreichen eines Seitspagats. 😉
Und wie bei allem gild auch beim erreichen von beliebigen Zielen, dass es zwar wichtig ist, die Fähigkeit zu haben, selbst viel rauszufinden, man jedoch nicht auf alles ohne Hilfe in nur einem Menschenleben kommen kann. Informiert euch also darüber, was es alles für Tricks gibt, die einem dabei helfen, seine Gewohnheiten nach den eigenen Wünschen zu formen, Ziele zu erreichen und produktiv zu sein; und zwar nicht im nächsten Jahr oder morgen, sondern jetzt. Raus aus der comfort zone! 😉
Wenn wir mit einer Aufgabe, einem Problem oder sonst irgendwas, das wir gerne schaffen / lösen wollen, konfrontiert sind gehören oft mehrere Schritte dazu. Zunächst benötigen wir eine Idee, ein grobes Konzept, also eine wage Vorstellung, was wir diesbezüglich überhaupt tun wollen. Dann folgt die Umsetzung. Der zweite Teil ist oft anstrengender und länger und erfordert Disziplin. Hierzu kennt man allerdings viele Techniken, um konsequent bis zum Ziel durchzuziehen. Dazu gehört die Organisation von Todo-Listen, Zeitmanagement, sich Meilensteine setzen, usw.
Der erste Teil hingegen, eine Idee haben, wirkt gerne irgendwie magischer. Manchmal hat man den Eindruck, die Ideen segeln einfach so durch die Luft, man muss nur sein Schmetterlingsnetz hochhalten, und wenn man Glück hat fliegt eine Eingebung da rein. Aber bei manchen Menschen scheint das Netz besser zu funktionieren als bei anderen. Wie kommt man also auf eine gute Idee?
Ich habe den Eindruck, dass Frustration oft der erste Schritt ist. Man hat intensiv eine Lösung gesucht, es ist einem aber nichts vernünftiges eingefallen. Dann gibt man fast auf und plötzlich ist sie da, und man weiß einfach, dass sie gut ist. Bei der Umsetzung kann sich zwar rausstellen, dass sie doch Unfug war, aber dann geht der Zyklus halt einfach wieder von vorne los. 😉
Manchmal sind künstliche Einschränkungen (die ja auch frustrieren können) sogar hilfreich, um eine kreative Lösungsidee zu finden. Wenn man sich beim Schreiben beispielsweise auf eine bestimmte Gedichtform mit Reimschema (Haiku anyone?) beschränkt, nutzt man Wortbedeutungen und Interpretationen, auf die man sonst vielleicht nie gekommen wäre. Programmierer aus der Demoscene, die sich auf eine sehr kleine Programmgröße oder auf den ersten Blick ungeeignete Hardware/Plattform beschränken, produzieren so teilweise sehr faszinierende Sachen.
Oft sind „neue“ Ideen einfach nur ungewöhnliche Kombinationen aus bereits bekannten.
Rolle + Klebstoff -> Tesafilm
Putztuch + wegwerfen -> Swiffer
Puppe + erwachsen -> Barbie
Auf der Google-Suchalgorithmus ist ganz grob die Übertragung eines Verfahrens, dass man aus der Wissenschaft kennt, auf das Internet. Veröffentlichungen werden schon lange nach der Häufigkeit, mit der sie zitiert werden, bewertet. Nun macht man das gleiche mit Websites und der Häufigkeit von Links, die auf sie zeigen. Im Nachhinein wirken solche Ideen dann total offensichtlich, weswegen Patente auch ein schwieriges Thema sind.
Bei diesem Muster wird klar, dass es hilft, sich nicht nur mit seinem speziellen Fachgebiet zu beschäftigen (egal ob Architektur, Mathematik, Filmproduktion, Komponieren, Softwareentwicklung, Malerei, Blog-Artikel-Schreiben ;)), sondern auch immer mal wieder über total andere Dinge zu lesen oder sie auszuprobieren. Das darf ruhig auch oberflächlich sein, aber vielleicht nimmt man ja etwas mit, dass einem woanders dann hilft.
Entspannung ist ebenfalls hilfreich, um Ideen zu haben. Unter Stress ist man eher darauf bedacht, Fehler zu vermeiden, sich nicht ablenken zu lassen und sieht gerne vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr. Die neuen Einfälle kommen einem eher beim Duschen, Tagträumen, Aufwachen nachdem man schön lange geschlafen hat oder beim Spazierengehen, also gerade wenn man sich von allem möglichen ablenken lässt und die Gedanken einfach so umherstreunen. Damit man sich dann nicht damit belasten muss, sich die Idee auch zu merken sondern weiter rumspinnen kann, ist es hilfreich, etwas zu schreiben oder ein Diktiergerät dabei zu haben.
Gelegentlich reicht es allerdings nicht, alleine nachzudenken. Wenn man mit Kollegen an einem Problem arbeitet, hilft es, die eigenen Ideen mit ihnen zu diskutieren. Im Zusammenspiel können sich dann Dinge ergeben, auf die keiner der Leute alleine gekommen wäre. Es kann auch sehr gut sein, einem Laien sein Problem zu erklären, und ihn nach Vorschlägen zu fragen. Ignorier dabei einfach, dass viele davon technisch nicht umsetzbar sind. Eventuell ist ja trotzdem ein nützlicher Anstoß dabei.
Kreativität scheint teilweise im Alter zwischen 20 und 30 Jahren seinen Höhepunkt zu erreichen, und ab dann nachzulassen. Das muss aber nicht der Fall sein, und der Trend geht immer mehr zum Durchbruch später im Leben. Den nötigen Bewusstseinszustand, sowie die nötige kindliche Verspieltheit, die dabei hilfreich ist, kann man kultivieren. Eine gewohnte Umgebung hilft dabei bereits gelerntes abzurufen, Abwechslung hingegen dabei neues zu entdecken. Wer es sich allerdings nicht leisten kann, ständig durch die Welt zu reisen, kann trotzdem aus seiner Komfortzone herauskommen und eine Gewohnheiten wechseln und seine Umgebung verändern. Räumt um, Esst anders, trainiert eine andere Sportart, lernt ein neues Musikinstrument oder eine sehr fremdeSprache, beschäftigt euch mit ungewöhnlichen Genres was Musik und Filme angeht. Und redet mit anderen Leuten oder mit altbekannten Leuten aber über Sachen, über die ihr sonst nicht mit ihnen redet. Abwechslungsreicher Input kann von vielen Seiten kommen, man muss nur Suchen, und die Dinge immer mal wieder mit den naiven Augen eines totalen Anfängers betrachten. 🙂
Du kennst doch sicher auch Leute, die gerne alle möglichen Dinge in einer Art kommentieren, bei der immer irgendwie ein „Früher war alles besser.“ mitschwingt. Obwohl „besser“ und „schlechter“ zwar Geschmackssache ist, sind die Geschmäcker bei einigen Themen diesgezüglich doch oft recht ähnlich. Anhand dieser will ich nun mal folgender Frage auf den Grund gehen: „War früher wirklich alles (oder zumindest vieles) besser?“
Sehen wir uns zunächst doch mal den Verlauf der Mordhäufigkeit über die Zeit an:
Nun gut, dass sind jetzt Daten aus den USA, aber in Deutschland ist (zumindest in dem Zeitraum, über den ich etwas gefunden habe) auch keine Verschlechterung zu sehen, eher das Gegenteil ist der Fall:
Nächtes Thema:
Mit genereller Kindersterblichkeit geht es ebenfalls bergab, also es wird weniger, also besser. 😉
Essen ist eher billiger geworden. Bei Filmen, Miete und Benzin hat sich wenig getan. Von diesen Sachen hier sind also nur Häuser und Studieren wesentlich teurer geworden.
Abgesehen davon gibt es noch sehr viele neue Erfindungen und Einrichtungen, die unseren Alltag angenehmer machen, uns gesundheitlich versorgen, unser Leben generell sicherer machen, unsere Kommunikation vereinfachen und uns freien Zugang zu beliebigem Wissen verschaffen usw.. Klar, man findet sicherlich auch Dinge, die nicht besser geworden sind, aber darauf, dass das nicht so ist, will ich ja auch gar nicht hinaus. Laut diesen Daten sieht es zumindest nicht so aus als würde alles den Bach runter gehen. Doch wie kommt es nun dazu, dass einige von uns trotzdem den Eindruck haben, die Welt würde immer schlimmer? Hier kann ich natürlich nur spekulieren, aber ich kann mir vorstellen, dass die Art, wie Nachrichten in den Medien präsentiert werden, damit zu tun haben. Die Welt ist ziemlich groß, und irgendwo passiert jeden Tag irgendetwas sehr grausames. Wenn man nun jeden Abend in den Nachrichten mit solchen Bildern konfrontiert wird, kann man schonmal zu dem Fehlschluss kommen, dass das ganze irgendwie repräsentativ sei. Aber News, in denen hauptsächlich nette (und dementsprechend unspektakulärere) Dinge gezeigt werden, würden vermutlich nicht so viel geschaut werden.
Des Weiteren ist der Vorgang des Erinnerns alles andere als zuverlässig. Vielleicht hat man die schlechten Ereignisse von früher verdrängt oder die Erinnerung ist mit der Zeit in eine freundlichere Form mutiert; warum auch immer. Vielleicht verwechselt man auch die eigene körperliche Verfassung von früher mit der soziologischen Lage. Nur weil man vor 30 Jahren mal die ganze Nacht lang saufen und am nächsten Morgen trotzdem toll Basketball spielen konnte, was jetzt mit dicker Wampe und kaputtem Rücken nicht mehr funktioniert, bedeutet das nicht, dass damals Basketballplätze, Politiker und sowieso alles viel toller war. Die Welt zerfällt nicht, nur weil man selbst es tut. 😉
„Wenn wir etwas erleben, können wir das, was geschieht, objektiv wahrnehmen, und es im Nachhinein (zumindest den Teil davon, den wir nicht vergessen haben) korrekt widergeben.“ FALSCH! 😀
Zunächst einmal zum Erleben: Wir stehen nicht in direktem Kontakt mit der externen Welt. Wir nehmen durch unsere Sinne nur Hinweise wahr, die wir interpretieren. Aus diesen Interpretationen bauen wir uns dann ein internes Modell zusammen. Erleben ist also kein rein passiver sondern ein konstruktiver Prozess.
Richtig deutlich wird das jedoch erst, wenn dieser Prozess offensichtlich falsche Ergebnisse produziert. Der Ames-Raum, ist ein gutes Beispiel dafür, wie unsere Erfahrung mit rechteckigen Räumen zu einer Interpretation, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat, führen kann. Des weiteren erfinden wir ähnlich wie beim blinden Fleck im Auge Dinge dazu, die wir erwarten.
Ob, diese Illusion nur bei Lesern, die auf Frauen stehen, funktioniert, weiß ich nicht. 😉 Aber der Witz ist halt, dass die Damen gar nicht so nackt sind, wie man meint.
Wenn wir Dinge, zu denen mehrere interne Modelle passen würden, wahrnehmen (und sie nicht einfach verpassen), entscheiden wir uns für eins davon. Auf folgendem Bild sehen wir in einem Moment auch nur entweder eine Ente oder einen Kaninchen.
In Alltagssituationen mit mehreren möglichen Interpretationen entscheiden wir uns unbewusst oft für eine, womit wir auch schonmal gut daneben lieben können. Diese Illusionen sind übrigens nicht nur auf den visuellen Bereich beschränkt.
Aber wie sieht es mit Erinnerung aus? Die Tatsache, dass wir selbst den kleinen Anteil vom elektromagnetischen Spektrum, den wir eigentlich hätten sehen können, nicht einfach als HD-Video verlustfrei in unserem Kopf aufnehmen, ist nicht die einzige Möglichkeit, wie hier starke Abweichungen von der Wirklichkeit auftreten können. Wir speichern nämlich nur abstrakte Informationen über eine Begebenheit und jedes mal wenn wir uns erinnern wird daraus aktiv etwas rekonstruiert. Lücken werden unbemerkt einfach aufgefüllt, ähnlich wie beim blinden Fleck und der oben gezeigten naked woman illusion; und das noch nichtmal jedes mal zuverlässig gleich! Unsere Erinnerungen unterliegen nicht nur Stimmungsschwankungen sondern auch langfristigen Veränderungen, die manchmal sogar aktiv von anderen hervorgerufen werden können.
In einem für meinen Geschmack besonders witzigen Experiment diesbezüglich wurde Leuten, die in Disneyland waren, eingeredet, sie hätten dort Bugs Bunny getroffen. Danach hatten sie lebhafte Erinnerungen an diese Szene, die sie auch erzählen konnten. Dass das ganze gar nicht passiert sein konnte, weil Bugs Bunny eine Figur von Warner Bros. ist, und deshalb ganz sicher nicht in Disneyland anzutreffen ist, spielte dabei keine Rolle. 😉
Aber auch ohne dass uns jemand aktiv etwas einredet, können unserer Erinnerungen schlichtweg verkehrt sein; selbst bezogen auf Umstände von wichtigen Ereignissen, von denen wir überzeugt sind, dass wir uns da sicherlich korrekt dran erinnern. Um diese Aussage zu bestätigen, hat man Leute direkt nach den 9/11-Vorfällen gefragt, wo sie waren als sie davon erfahren haben. Als man den selben Leute nur ein Jahr später die gleiche Frage erneut gestellt hat, war die Geschichte von über einem Drittel der Befragten nicht mehr konsistent mit ihrer ursprünglichen.
Solche Fakten lassen natürlich auch die Aussagen von Augenzeugen in einem anderen Licht erscheinen; sei es bei „Ufosichtungen“ oder ganz normal vor Gericht. Wir alle können trotz fester Überzeugung einfach dramatisch falsch liegen.
Wenn du also beim nächten Familientreffen mit deinen Cousins streitest, wer von euch früher bei den Bundesjugendspielen damals am weitesten geworfen hat, und ihr euch fast gegenseitig an die Gugel geht, weil die anderen ja alle totalen Bullshit erzählen, denk vielleicht mal zwischendurch an diesen Artikel und daran, dass du es möglicherweise einfach selbst nicht mehr wirklich weißt. 😉
In der Politik wird gerne zwischen links und rechts unterschieden, und manchmal sogar so getan, als wäre das politische Spektrum tatsächlich so eindimensional. Ganz links sitzen dann die Kommunisten rum und rechts die Nazis.
Diese Vorstellung ist aber nicht nur unpassend weil sie nicht alles abbildet (wir brauchen mehr Dimensionen), sondern auch weil links und rechts genaugenommen nicht unbedingt direkte Gegensätze sind.
Links will klassisch Ungleichheiten zwischen und Benachteiligung von Menschen vorallem finanziell abschaffen. Der Unterschied zwischen Arm und Reich soll möglichst klein werden. So gesehen ist das Gegenteil davon eher soetwas wie Wirtschaftsliberalismus, in dem sich nach Adam Smith der Staat nicht in den Markt einmischen soll. Da könnte sich eine sozioökonomische Elite bilden.
Rechts geht von angeblichen Ungleichheiten von Menschen auf ethnischer Ebene aus, möchte diese hegen und das Land dann von internationalen Beziehungen und Einwanderung abkapseln. Das Gegenteil hiervon ist eher ein internationalistischer Ansatz.
Dann gibt es noch Parteien, die eher progressiv, also fortschrittsorientiert sind, und welche, die eher konservativ orientiert wird.
Ebenso wie die verschiedenen Gewichtungen von Freiheit und Sicherheit kann man noch die Stärke der Beteiligung der Bevölkerung bei politischen Entscheidungen, bei der alles von Graswurzeldemokratie bis Diktatur möglich ist, als Dimension auflisten. Wenn man länger nachdenkt fallen einem bestimmt auch noch mehr ein. 😉
Wenn wir also gemerkt haben, dass wir es mit vielen (teilweise orthogonalen) Konzepten zu tun haben, wirkt die links-rechts-Vereinfachung schnell albern. 🙂